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Unser Monatskommentar im Juli

Pfarrer Richard Kocher zitiert in seinem Monatskommentar aus Joseph Ratzingers "Glaube und Zukunft". Darin heißt es an einer Stelle: "Wenn wir heute Gott kaum noch wahrnehmen können, dann deshalb, weil es uns so leicht gemacht wird, vor uns selbst auszuweichen" und in die Betäubung irgendeiner Bequemlichkeit zu fliehen. Hören Sie den Monatskommentar unseres Programmdirektors hier:

Welche Rolle werden Glaube und Kirche in Zukunft überhaupt noch spielen? Unter dem Eindruck der gesellschaftlichen Umwälzungen Ende der 1960er-Jahre hat Joseph Ratzinger "Glaube und Zukunft" erstmals veröffentlicht, dessen Thesen aktueller denn je sind. Wer die Texte heute liest, ist überrascht von der Hellsichtigkeit, mit der der jetzige Papst die Situation von Kirche und Christentum beschreibt – und noch mehr von den schmerzlichen wie kühnen Folgerungen, die er aus seiner Analyse zieht. Er sieht die Zukunft in einer kleinen, einfachen, verinnerlichten Kirche. Die Kirche wird viel verlieren - aber sie kann auch viel gewinnen, wenn sie sich unter dem Eindruck der gegenwärtigen, umfassenden Krise neu auf das ihr Wesentliche besinnt.

In einer Rezension des Borromäusvereins schreibt Richard Niedermeier über "Glaube und Zukunft":
"Dieses Buch Joseph Ratzingers hat auch nach fast 40 Jahren nichts von seiner Aktualität verloren. Der emeritierte Papst zeigt bereits darin, dass er selbst die radikalste Glaubenskritik ganz nah an sich herankommen lässt, sie sogar vertiefend aufnimmt, dann aber auch den Verzweiflungsschrei einer gottfernen Welt und die verborgene Sehnsucht nach der Fülle des Menschseins darin hört. So analysiert er präzise die Irrwege des modernen Denkens, das die vollkommene 'Stadt der Menschen' erbauen möchte, dabei aber doch nur die Hölle produziert. Seine Antworten darauf sind nicht überlieferte Glaubenssätze, keine Rückkehr in ein vorkritisches Bewusstsein, sondern eine Selbstbesinnung des Glaubens - der Glaube Abrahams als Wahrnehmungsfähigkeit für das Göttliche, die hinführt zum Glauben Jesu (und an Jesus), dass Gott auch die absolute Grenze des Todes überwindet und damit erst Lebenssinn schafft. In dieser Selbstbesinnung des Glaubens entwickelt der Autor auch Grundzüge einer neuen Anthropologie, die den Menschen nicht mehr als unbestimmbares Wesen, sondern als auf Gott ausgerichtet denkt."