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Knabenchor Dresden: Lobt froh den Herrn

Was die Kirche lehrt

Es ist wichtig, über die vier Themenkreise des Synodalen Weges zu diskutieren und ins Gespräch zu kommen: "Macht, Partizipation und Gewaltenteilung", "Sexualmoral", "Priesterliche Lebensform" und "Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche". Auch wenn unterschiedliche Stellungnahmen dazu abgegeben werden, so darf doch die innere Einheit der Kirche nicht daran zerbrechen. Dies hat Papst Franziskus mehrfach, besonders in seinem Schreiben an die pilgernde Kirche in Deutschland vom 29. Juni 2019, angemahnt.

Zu berücksichtigen ist auch, dass bei niedrigem Glaubenswissen unter den Katholiken nicht wenig Verwirrung entsteht, wenn in der öffentlichen Wahrnehmung fast nur noch diese Themen diskutiert werden. Kardinal Kasper meinte bei seiner Katechese in Köln im Jahr 2013 anlässlich des Eucharistischen Kongresses, dass der Pegel des Glaubenswissens einen selten niedrigen Stand erreicht habe. Eine Umfrage in einer Fußgängerzone einer großen Stadt im Westen unseres Landes brachte erst kürzlich wieder geradezu verstörende Ergebnisse zutage, wie Sie hier hören können.

Immer wieder werden von unseren Hörern Fragen an uns herangetragen, was der Papst und die Kirche denn nun wirklich lehren, nicht selten mit dem Vorwurf, dass Franziskus zu vielem schweigen würde statt zu reden. Dass dem nicht so ist, sollen die folgenden Ausführungen zeigen. Sie mögen dazu beitragen, Klarheit und Sachlichkeit in die oft aufgewühlten Diskussionen zu bringen. Die zu behandelnden Themen sind meist sehr komplex. Auch wenn nach einem Diktum von Karl Rahner nur eine differenzierte Antwort die richtige sein kann, so sind grundsätzliche Wegweisungen des Lehramts eine unerlässliche Voraussetzung hierfür. Die Menschen haben ein Recht darauf, in prägnanten Aussagen die Stellungnahme der Kirche zu erfahren. Wir beschränken uns hierbei – ausgehend von der Offenbarung Gottes im Alten und Neuen Bund – ausnahmslos auf Lehrmeinungen des II. Vatikanischen Konzils und von Papst Franziskus, der die Aufgabe hat, die Brüder im Glauben zu stärken (vgl. Lk 22,32).

Die Lebenswirklichkeit der Menschen aufzunehmen und in die Verkündigung einzubinden, ist immer Aufgabe der Kirche. Gesellschaftliche Wirklichkeiten haben sich in der Geschichte immer wieder geändert; dies wird auch in Zukunft der Fall sein. Deshalb können sie nicht normative Grundlagen des Glaubens sein.

Die von Pfarrer Dr. Richard Kocher beigefügten Ansprachen gehen vertiefend auf die behandelten Themen ein.

Der Zölibat

Auf dem Rückflug vom Weltjugendtag in Panama erklärte Papst Franziskus am 27.1.2019 auf Anfrage eines Journalisten: „Mir kommt der Satz des hl. Pauls VI. in den Sinn: ‚Ich gebe lieber mein Leben, als das Zölibatsgesetz zu ändern.‘ Das kam mir in den Sinn, und ich möchte es sagen; denn das ist ein mutiger Satz, in einer schwierigeren Zeit als dieser, um 1968/70 herum. […] Ich persönlich meine, dass der Zölibat ein Geschenk für die Kirche ist. Zweitens bin ich nicht damit einverstanden, den optionalen Zölibat zu erlauben, nein. Nur für die entlegensten Orte bliebe manche Möglichkeit.“

In seiner Ansprache vom 11.7.2019 ging Pfr. Kocher auf das Thema „Zölibat – Warum er sinnvoll ist und unter welchen Bedingungen man davon dispensieren könnte“ ein:

Die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen war die Lebensform Jesu; zu seiner Zeit war diese verpönt und stand im Gegensatz zur Auffassung der Zeitgenossen. Für einen erwachsenen Mann bestand Zeugungspflicht: „Wer sich mit der Fortpflanzung nicht beschäftigt, ist wie einer, der Blut vergießt“ (Rabbi Eliezer um 90 n. Chr.). Warum Jesus diese Lebensform gewählt hat, wird in der Ansprache von Pfr. Kocher vom 6.2.2020 in der Reihe „Die Einzigartigkeit des Handelns und Redens Jesu (3. Teil), Seine Lehre: Stil, Ort, Inhalt, Lehrer und Schüler“ dargelegt. Nachfolge des Herrn impliziert in der lateinischen Kirche auch die Übernahme der ehelosen Lebensform Jesu Christi als Zeichen seiner ausschließlichen Verfügbarkeit für das Reich Gottes und dessen Anliegen. 

Die Predigt: "Seine Lehre: Stil, Ort, Inhalt, Lehrer und Schüler":

Die siebenteilige Predigtreihe "Einzigartigkeit des Redens und Handelns Jesu" finden Sie hier.

Weiheämter für Frauen

Die Frage, ob Frauen in der katholischen Kirche gültig das Sakrament der Priesterweihe empfangen können, wurde im Apostolischen Schreiben „Ordinatio sacerdotalis“ vom 22. Mai 1994 durch Papst Johannes Paul II. endgültig und für die Kirche verpflichtend beantwortet: „Obwohl die Lehre über die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe sowohl von der beständigen und umfassenden Überlieferung der Kirche bewahrt als auch vom Lehramt in den Dokumenten der jüngeren Vergangenheit mit Beständigkeit gelehrt worden ist, hält man sie in unserer Zeit dennoch verschiedenenorts für diskutierbar, oder man schreibt der Entscheidung der Kirche, Frauen nicht zu dieser Weihe zuzulassen, lediglich eine disziplinäre Bedeutung zu. Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32), dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben.“

Die deutschen Bischöfe erklärten 1994 im Gefolge von „Ordinatio sacerdotalis“, dass das Gespräch „nicht weiterhin so geführt werden kann, als sei die Frage der Priesterweihe von Frauen noch offen. Sie ist mit hoher lehramtlicher Autorität beantwortet.“ Ähnlich Walter Kasper ein Jahr später: „Man mag unter Fachleuten über die formale lehramtliche Qualität dieser Aussagen diskutieren, über die damit ausgesagten Inhalte kann es unter katholischen Christen keinen Dissens geben.“ 2011 schrieb er: „Diese Entscheidungen sind, was den Autoritätsgrad angeht, so hochrangig, dass ich mir eine Änderung der kirchlichen Lehre schwerlich vorstellen kann. Sie haben verbindlichen und endgültigen Charakter.“ Noch vor seinem 80. Geburtstag sagte Kardinal Lehmann in einem Interview mit der FAZ vom 4.5.2016: „Wenn ich ehrlich bin, sehe ich für ein Priestertum der Frau in unserer Kirche keinen Weg.“ 

Weil aber immer wieder die Verbindlichkeit dieser päpstlichen Stellungnahme hinterfragt wurde, hat Papst Johannes Paul II. am 28. Oktober 1995 in einer „Antwort auf den Zweifel bezüglich der im Apostolischen Schreiben ‚Ordinatio sacerdotalis‘ vorgelegten Lehre“ festgehalten, dass diese als endgültig anzusehen ist. Die Kirche habe nicht die Vollmacht, Frauen die Priesterweihe zu spenden; dies sei als „zum Glaubensgut gehörend zu betrachten“, heißt es in der Stellungnahme von ihm, die von der Kongregation für die Glaubenslehre mit Joseph Ratzinger als Präfekt herausgegeben wurde. Er führt weiter aus: „Diese Lehre erfordert eine endgültige Zustimmung, weil sie, auf dem geschriebenen Wort Gottes gegründet und in der Überlieferung der Kirche von Anfang an beständig bewahrt und angewandt, vom ordentlichen und universalen Lehramt unfehlbar vorgetragen worden ist (vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen Gentium, 25,2).“

Auch der amtierende Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Luis F. Ladaria SJ, hat „zu einigen Zweifeln über den definitiven Charakter der Lehre von Ordinatio sacerdotalis“ am 29. Mai 2018 Stellung bezogen. Die immer wieder vorgebrachte These, dass Johannes Paul II. dies im Alleingang entschieden habe und seine Lehre deshalb revidierbar sei, ist nicht haltbar. Er schreibt: „Ein weiterer Beweis der Mühe, die Johannes Paul II. für die Prüfung dieser Frage aufgebracht hat, ist die vorausgehende Beratung mit den Vorsitzenden jener Bischofskonferenzen, die mit der Problematik besonders befasst waren. Alle ohne Ausnahme erklärten mit voller Überzeugung, dass die Kirche aus Gehorsam dem Herrn gegenüber keine Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu erteilen.“ Unterschiedliche Aufgaben und Rollen von Männern und Frauen würden aber „keinerlei Unterordnung“ bedeuten, sondern „gegenseitige Bereicherung“, so Ladaria. Weiter führte er aus: „In diesem Licht erfüllt es mich mit großer Sorge, dass in einigen Ländern Stimmen zu hören sind, die den endgültigen Charakter der genannten Lehre wieder in Zweifel ziehen. Um zu vertreten, dass diese Lehre nicht definitiv sei, wird das Argument angeführt, dass sie nicht ex cathedra definiert worden sei und deshalb von einem zukünftigen Papst oder Konzil verändert werden könnte. Das Ausstreuen solcher Zweifel weckt große Verwirrung unter den Gläubigen, und zwar nicht nur bezüglich des Weihesakraments, das zur göttlichen Verfassung der Kirche gehört, sondern auch bezüglich des ordentlichen Lehramts, das die katholische Lehre unfehlbar vorlegen kann. […] Im Bewusstsein, diese Tradition aus Gehorsam gegenüber dem Herrn nicht ändern zu können, bemüht sich die Kirche auch darum, ihren Sinn zu vertiefen. Denn der Wille Jesu Christi, des Logos, ist nie ohne Sinn. Der Priester handelt in der Person Christi, des Bräutigams der Kirche, und sein Mann-Sein ist ein unentbehrlicher Aspekt dieser sakramentalen Repräsentanz (vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Inter insigniores, Nr. 5). […] Auch Benedikt XVI. bekräftigte diese Lehre. In der Chrisam-Messe am 5. April 2012 erinnerte er daran, wie Johannes Paul II. ‚in unwiderruflicher Weise‘ erklärte, dass die Kirche im Bezug auf die Frauenordination ‚keine Vollmacht vom Herrn erhalten hat‘. Benedikt XVI. fragte sich dann im Blick auf einige, die diese Lehre nicht annahmen: ‚Aber ist Ungehorsam wirklich ein Weg? Spüren wir darin etwas von der Gleichgestaltung mit Christus, die die Voraussetzung jeder wirklichen Erneuerung ist, oder nicht doch nur den verzweifelten Drang, etwas zu machen, die Kirche nach unseren Wünschen und Vorstellungen umzuwandeln?‘
Papst Franziskus hat ebenfalls zu dieser Frage Stellung genommen. In seinem Apostolischen Schreiben "Evangelii gaudium" unterstrich er: ‚Das den Männern vorbehaltene Priestertum als Zeichen Christi, des Bräutigams, der sich in der Eucharistie hingibt, ist eine Frage, die nicht zur Diskussion steht‘. Er rief auch dazu auf, diese Lehre nicht als Ausdruck von Macht, sondern als Dienst zu interpretieren, so dass die gleiche Würde von Mann und Frau im einen Leib Christi besser verstanden werden kann (Nr. 104). In der Pressekonferenz während des Rückflugs von der Apostolischen Reise nach Schweden am 1. November 2016 betonte Papst Franziskus: ‚Hinsichtlich der Weihe von Frauen in der katholischen Kirche hat der heilige Johannes Paul II. das letzte klare Wort gesprochen, und das bleibt‘.“

Auch in dem Nachsynodalen Schreiben „Querida Amazonia“ vom 2. Februar 2020 bestätigte Papst Franziskus dies: Frauen sollen Zugang zu Aufgaben und kirchlichen Diensten haben, „die nicht die heiligen Weihen erfordern und es ihnen ermöglichen, ihren eigenen Platz besser zum Ausdruck zu bringen“ (Nummer 103). 

Jedem Verhalten, eine Änderung der Lehre der Kirche durch Aktionen der Verweigerung herbeiführen zu wollen, erteilte er eine unmissverständliche Absage. Nach seiner Meinung würden Puristen Spaltung im Leib der Kirche säen. Auch das sei „geistliche Wirklichkeit“. Er führt aus: „Das gilt auch für diejenigen, die sagen, dass, bis die Kirche als Beweis für ihr Engagement für die Gleichstellung der Geschlechter Frauen zu Priestern weiht, der örtliche Bischof oder die Pfarrei nicht auf ihre Mitarbeit zählen kann. Äußerlich erscheinen die Gründe kohärent und prinzipienfest, aber sie verschleiern den Geist der abgeschotteten Geisteshaltung, der sich weigert, innerhalb Seiner Kirche als Jünger Christi zu handeln.“ 

In dem Interviewbuch „Wage zu träumen! Mit Zuversicht aus der Krise“ verwahrt sich der Papst eindeutig gegen Maßnahmen, die mit einer Verweigerungshaltung Ergebnisse herbeizwingen wollen: „Diejenigen, die behaupten, dass es zu viel ‚Verwirrung‘ in der Kirche gibt und dass nur dieser oder jener Gruppe von Priestern vertraut werden darf, säen Spaltung im Leib. Auch das ist geistliche Wirklichkeit. Das gilt auch für diejenigen, die sagen, dass, bis die Kirche als Beweis für ihr Engagement für die Gleichstellung der Geschlechter Frauen zu Priestern weiht, der örtliche Bischof oder die Pfarrei nicht auf ihre Mitarbeit zählen kann. Äußerlich erscheinen die Gründe kohärent und prinzipienfest, aber sie verschleiern den Geist der abgeschotteten Geisteshaltung, der sich weigert, innerhalb Seiner Kirche als Jünger Christi zu handeln.“ [1]

[1] Papst Franziskus, Wage zu träumen! Mit Zuversicht aus der Krise, 94f

 

Im Jahr 2003 hat die Internationale Theologische Kommission unter Vorsitz von Joseph Kardinal Ratzinger ein etwa 100-seitiges Dokument zum Thema „Der Diakonat: Entwicklung und Perspektiven“ veröffentlicht. Die darin enthaltenen Ergebnisse wurden am Ende dieses Schreibens in einem „Schluss“ zusammengefasst; hier ein Auszug davon: 

„Im aktuellen Bewusstsein der Kirche gibt es nur ein Sakrament der Weihe. Das II. Vatikanum greift die Lehre von Papst Pius XII. auf und bekräftigt diese Einheit, und es sieht darin den Episkopat, den Presbyterat und den Diakonat eingeschlossen. Gemäß der Festlegung von Papst Paul VI. bilden nur diese drei Weiheämter den Klerus. Allerdings spricht das Konzil mit Bezug auf den Diakonat zurückhaltend nur von der ‚sakramentalen Gnade‘. Nach dem II. Vatikanum lehren Paul VI. und der Katechismus der Katholischen Kirche (Nr. 1570), dass der Diakonat durch die Ordination das Prägemal des Sakraments der Weihe empfängt. […] Was die Ordination von Frauen zum Diakonat betrifft, sei angemerkt, dass sich aus dem bisher Dargelegten zwei wichtige Hinweise ergeben: 1. Die Diakonissen, die in der Überlieferung der frühen Kirche erwähnt werden, sind – entsprechend dem, was der Ritus der Einsetzung und die ausgeübten Funktionen nahelegen – nicht schlicht und einfach mit den Diakonen gleichzusetzen. 2. Die Einheit des Weihesakramentes in der klaren Unterscheidung zwischen den Dienstämtern des Bischofs und der Presbyter auf der einen und dem diakonalen Dienst auf der anderen Seite wird durch die kirchliche Tradition stark betont, vor allem durch die Lehre des II. Vatikanums und die nachkonziliare Lehre des Lehramts.“ [1]

Über die Verbindlichkeit der göttlichen Offenbarung hinsichtlich des Weiheamtes und damit auch des Diakonates hat sich Papst Franziskus bei der internationalen Konferenz der Ordensoberinnen am 11. Mai 2019 unmissverständlich geäußert. Katharina Ganz, einer deutschen Franziskanerin, legte der Papst dar, dass die Frage des Diakonates weiter studiert werden müsse. Man müsse suchen, was am Anfang der Offenbarung war: „Wenn der Herr den Dienst nicht gewollt hat, dann ist der sakramentale Dienst für die Frauen nicht möglich. […] Wir können auf keinem anderen Weg gehen […], wir können nicht über die Offenbarung hinausgehen und die dogmatische Ausfaltung. Habt Ihr das verstanden? Wir sind katholisch. Wenn jemand eine andere Kirche machen will, ist er frei dazu, aber …“[2]

Auch in dem Nachsynodalen Schreiben „Querida Amazonia“ vom 2. Februar 2020 schreibt Papst Franziskus in der Nummer 100: „Dies ist eine Einladung an uns, unseren Blick zu weiten, damit unser Verständnis von Kirche nicht auf funktionale Strukturen reduziert wird. Ein solcher Reduktionismus würde uns zu der Annahme veranlassen, dass den Frauen nur dann ein Status in der Kirche und eine größere Beteiligung eingeräumt würden, wenn sie zu den heiligen Weihen zugelassen würden. Aber eine solche Sichtweise wäre in Wirklichkeit eine Begrenzung der Perspektiven: Sie würde uns sowohl auf eine Klerikalisierung der Frauen hinlenken und den großen Wert dessen, was sie schon gegeben haben, schmälern als auch auf subtile Weise zu einer Verarmung ihres unverzichtbaren Beitrags führen.“  In Nummer 101 fährt der Papst fort: „Jesus Christus zeigt sich als der Bräutigam der Eucharistie feiernden Gemeinschaft in der Gestalt eines Mannes, der ihr vorsteht als Zeichen des einen Priesters. Dieser Dialog zwischen Bräutigam und Braut, der sich in der Anbetung vollzieht und die Gemeinschaft heiligt, sollte nicht auf einseitige Fragestellungen hinsichtlich der Macht in der Kirche verengt werden.“
Weiter führt Papst Franziskus in der Nummer 103 aus: „In einer synodalen Kirche sollten die Frauen, die in der Tat eine zentrale Rolle in den Amazonasgemeinden spielen, Zugang zu Aufgaben und auch kirchlichen Diensten haben, die nicht die heiligen Weihen erfordern und es ihnen ermöglichen, ihren eigenen Platz besser zum Ausdruck zu bringen. Es sei daran erinnert, dass ein solcher Dienst Dauerhaftigkeit, öffentliche Anerkennung und eine Beauftragung durch den Bischof voraussetzt. Das bedeutet auch, dass Frauen einen echten und effektiven Einfluss in der Organisation, bei den wichtigsten Entscheidungen und bei der Leitung von Gemeinschaften haben, ohne dabei jedoch ihren eigenen weiblichen Stil aufzugeben.“

In dem Interviewbuch „Wage zu träumen! Mit Zuversicht aus der Krise“ verwahrt sich der Papst eindeutig gegen Maßnahmen, die mit einer Verweigerungshaltung Ergebnisse herbeizwingen wollen: „Diejenigen, die behaupten, dass es zu viel ‚Verwirrung‘ in der Kirche gibt und dass nur dieser oder jener Gruppe von Priestern vertraut werden darf, säen Spaltung im Leib. Auch das ist geistliche Wirklichkeit. Das gilt auch für diejenigen, die sagen, dass, bis die Kirche als Beweis für ihr Engagement für die Gleichstellung der Geschlechter Frauen zu Priestern weiht, der örtliche Bischof oder die Pfarrei nicht auf ihre Mitarbeit zählen kann. Äußerlich erscheinen die Gründe kohärent und prinzipienfest, aber sie verschleiern den Geist der abgeschotteten Geisteshaltung, der sich weigert, innerhalb Seiner Kirche als Jünger Christi zu handeln.“[3]

[1] Internationale Theologische Kommission, Der Diakonat: Entwicklung und Perspektiven, Schluss.
[2] Nico Spuntoni, Papa Francesco dice un secco “no” al diaconato femminile, in La Nuova Bussola Quotidiana, 13. Mai 2019, https://lanuovabq.it/it (Zugang 22.10.2019).
[3] Papst Franziskus, Wage zu träumen! Mit Zuversicht aus der Krise, 94f.

"Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32), daß die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und daß sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben", hält Papst Johannes Paul II. 1994 in seiner Enzyklika "Ordinatio sacerdotalis" fest.

"Diese Lehre fordert eine endgültige Zustimmung, weil sie, auf dem geschriebenen Wort Gottes gegründet und in der Überlieferung der Kirche von Anfang an beständig bewahrt und angewandt, vom ordentlichen und universalen Lehramt unfehlbar vorgetragen worden ist (vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution "Lumen gentium", 25,2).

Die vollständige Antwort der Glaubenskongeration finden Sie hier.

„Ein weiterer Beweis der Mühe, die Johannes Paul II. für die Prüfung dieser Frage aufgebracht hat, ist die vorausgehende Beratung mit den Vorsitzenden jener Bischofskonferenzen, die mit der Problematik besonders befasst waren. Alle ohne Ausnahme erklärten mit voller Überzeugung, dass die Kirche aus Gehorsam gegenüber dem Herrn keine Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu erteilen.“ 

"Nur dank ihrer Verwurzelung in Jesus Christus, ihrem Gründer, kann die Kirche der ganzen Welt Leben und Heil bringen. Diese Verwurzelung erfolgt in erster Linie durch die Sakramente, deren Mitte die Eucharistie ist. Von Christus eingesetzt, sind die Sakramente Grundsäulen der Kirche, die sie fortwährend als seinen Leib und seine Braut auferbauen", hat der aktuelle Präfekt der Glaubenskongregation, der Jesuit Luis Ladaria, in seinem Schreiben "Zu einigen Zweifeln über den definitiven Charakter der Lehre von "Ordinatio sacerdotalis" 2018 klargemacht.

Programmdirektor Pfr. Richard Kocher zum Buch "Deine Kirche ist ja wohl das Letzte! Fakten, Argumente, Standpunkte" (FE-Medienverlag) von Pfr. Ulrich Filler, Köln

Die Kirche ist eine Frau, der Priester als Stellvertreter Gottes ein Mann. Kann man das so sagen? Die Bibel spricht klar von Jesus als Bräutigam, doch was bedeutet das und vor allem, was glauben wir? Programmdirektor Pfarrer Kocher zeichnet ein klares Bild der Symboliken und Zeichenhandlungen Jesu.

Die fünfteilige Predigtreihe zum Thema "Die Rolle der Frau in der Kirche" finden Sie hier.

Geweihte Männer - viri probati

Zur Frage des Zölibats gehört auch jene nach den „bewährten Männern“ (viri probati), die verheiratet sind, einem Zivilberuf nachgehen und die man zu Priestern weihen könnte. Die Mehrheit der Mitglieder der Amazonas-Synode (6. bis 27. Oktober 2019) hat sich dafür ausgesprochen, Papst Franziskus hat sich aber dagegen entschieden. In der Jesuitenzeitschrift „Civiltà Cattolica“ findet sich in einem Artikel über sein Pontifikat eine persönliche Notiz, die über sein Verhalten Auskunft gibt. Es habe 2019 kein „discernimento“ stattgefunden; wörtlich heißt dies „Unterscheidung“, hier aber im Sinn des Urteilsvermögens. Die Unterscheidung der Geister ist ein zentraler Punkt in der ignatianischen Spiritualität. Papst Franziskus hatte den Eindruck, dass Streitigkeiten um Glaubenspositionen und Machtkämpfe vorherrschen, statt einem wirklichen Hören auf den Heiligen Geist. Er betonte, dass eine Synode nicht mit einem demokratischen Parlament zu verwechseln sei, bei dem es um Mehrheitsentscheidungen geht. Ihm ist das gemeinsame Ringen um Gottes Willen wichtig. Für manche Problemstellungen brauche man noch mehr Zeit, um besser zu hören und geistlich richtig urteilen zu können.

Zu bedenken ist im Zusammenhang mit der Amazonas-Synode auch, dass über 1.000 Priester aus dem Amazonasgebiet ihren priesterlichen Dienst vornehmlich in den USA, aber auch darüber hinaus ausüben, weil sie auf Grund großer Armut und fehlender Infrastruktur in dieser Region kaum eine Lebensgrundlage für sich sehen. Der Mangel an Berufungen in diesem Gebiet stellt eine Verpflichtung dar, dafür zu sorgen, dass die Priester vor Ort eine Lebensgrundlage haben.

Die Amazonas-Synode wollte verheiratete Männer als Priester. Papst Franziskus hat sich dagegen entschieden. Warum, ist in einer Notiz des Papstes nachzulesen. Was davon zu halten ist, erklärt ein Schweizer Jesuit.

In der Jesuiten-Zeitschrift «Civiltà Cattolica» ist ein Artikel erschienen, der sich dem Pontifikat von Papst Franziskus widmet. Darin ist auch eine persönliche Notiz von Franziskus enthalten. Sie gibt Aufschluss über das vorläufige «Nein» des Papstes zu den «viri probati».

Unterscheidung der Geister
Eine Mehrheit auf der Amazonas-Synode forderte: Bewährte Männer, also verheiratete Männer mit Zivilberuf, sollen zu Priestern geweiht werden. Doch darauf liess sich der Papst bislang nicht ein.

Das hat mit dem Begriff «discernimento» zu tun, der so viel wie Urteilsvermögen bedeutet. Oft wird er auch, etwas freier, mit «Unterscheidung der Geister» übersetzt. «Die Unterscheidung der Geister ist ein methodischer Schritt in einer Urteilsfindung. Discernimento hat mehr den ganzen Prozess der Meinungsbildung im Blick», sagt Christian Rutishauser, Provinzial der Schweizer Jesuiten.

Einheit von Glaube und Vernunft
Um den Jesuiten Franziskus zu verstehen, muss man sich mit der jesuitischen Praxis auseinandersetzen. Hinzu kommen kulturelle Unterschiede. «Ich habe einen Teil meiner Ausbildung in Frankreich gemacht. Das methodische Einüben von spiritueller Urteilsbildung ist im deutschsprechenden Raum weniger verbreitet», sagt Rutishauser. «Das Rationale und Spirituelle, das Institutionelle und Persönliche brechen bei uns mehr auseinander, als ich dies im romanischen Kulturraum erlebt habe.»

Was es genau mit der Unterscheidung der Geister auf sich hat und wie er Franziskus’ Nein zu den viri probati versteht, sagt Rutishauser in einem kath.ch-Interview im September 2020.

Warum hat Papst Franziskus bei den verheirateten Priestern einen Rückzieher gemacht?

Christian Rutishauser: Der Papst hat die Voten der Amazonas-Synode angehört und die Mehrheitsmeinung gesehen. Sicher hat er beim Schreiben des Schlussdokuments die Synodenstimmen nochmals abgewogen, mit Stimmen von ausserhalb der Synode verglichen, auch mit den Fragen der Umsetzung, der Gesamtsituation etc. Eine solche Auswertung steht ihm zu, wenn er dann das Dokument schreibt. 

Papst Franziskus schreibt in einer Notiz, es habe kein discernimento stattgefunden. Was ist damit gemeint?

Rutishauser: Franziskus betont, dass die Synode kein demokratisches Parlament ist. Letztlich geht es nicht um Mehrheitsentscheide, denen sich eine Minderheit fügen muss. Die Synode muss den Willen Gottes in bestimmten Fragen suchen. Dabei geht es um eine möglichst grosse Konsensfindung, vor allem darum, dass am Ende nicht die Einen über die Anderen siegen. Der Papst wirbt bei allen Gruppen darum, Verständnis für die Gegenseite zu finden, denn es muss um die Einheit der Kirche gehen.

Trotzdem geht es um Reformen.

Rutishauser: Dazu braucht es natürlich offene und freie Debatten. Franziskus fördert und schätzt sie. So hat er ein Klima geschaffen, das in der Kirchenleitung alles andere als selbstverständlich ist. Doch er scheint den Eindruck zu haben, dass noch verschiedene Glaubensüberzeugungen aufeinanderprallen – ohne tieferes Verständnis füreinander. 

Warum ist den Jesuiten die "Unterscheidung der Geister" so wichtig?

Rutishauser: Die Frage, wie der einzelne Mensch das Leben gestalten und die Kirche als Gemeinschaft handeln soll, steht im Zentrum jesuitischer Spiritualität. Es gibt nämlich zwar allgemeine Regeln und Normen, doch das Leben ist so vielgestaltig, dass es immer verschiedene Möglichkeiten gibt, sie auszulegen. Manchmal erzeugt eine Regel, wenn man sie wortwörtlich anwendet, sogar das Gegenteil von dem, was eine Regel eigentlich erreichen will. 

Wann wäre die "Unterscheidung der Geister" denn gegeben? Kann man das intellektuell abwägen – oder ist hier das Bauchgefühl des Papstes gefragt?

Rutishauser: Wer Verstand und Intellekt gegen Bauchgefühl und Emotionen ausspielt, hat nichts von der Unterscheidung der Geister verstanden. Es gibt nur einen Gott und nur einen Heiligen Geist, wie Paulus im Korintherbrief ausführlich darlegt. Dieser eine Geist Gottes wirkt in den verschiedenen Menschentypen. Nicht das Mittel ist entscheidend – ob Kopf oder Bauch –, sondern ob es zum Aufbau der Kirche, zum Wohl der Menschen, zur Bewahrung der Schöpfung dient.

Ist die «Unterscheidung der Geister» nicht eine Ausrede, um ein kirchenpolitisch schwieriges Thema zu vertagen?

Rutishauser: Alles kann immer als Ausrede genommen werden. Das ist Feigheit. Papst Franziskus ist aber wirklich kein Feigling. Er versucht, auf den Geist Gottes zu hören und daher ist er ein Charismatiker. Alle in der Kirche sollten in diesem Sinne Charismatiker sein.
Das heisst aber auch anzuerkennen, dass nicht nur ich selbst vom Geist Gottes geführt bin, sondern die Person, die auch eine gegenteilige Meinung vertritt. Dann beginnt das Ringen, das Zeit braucht, bis daraus Segen entsteht. Geistlich unterwegs zu sein bedeutet, sich mehr Zeit zu nehmen, um genauer hinzuhören.

Die Jesuiten verteidigen den Jesuiten Franziskus und sagen: Seine Haltung ist konsequent. Andere finden: Er ist mal so, mal so. Ist das jesuitische Denken zu kompliziert? 

Rutishauser: Jesuitisches Denken ist nicht kompliziert. Es setzt aber Gebet und Meditation voraus. Nur wer immer wieder neu nach dem Willen Gottes fragt, wird vertraut mit der «Unterscheidung der Geister». Ohne kontemplative Haltung und Achtsamkeit, ohne Gewissensbildung am Evangelium und der Wissenschaft können grosse Entscheide nicht geistlich getroffen werden.

Ich glaube, dass der Papst genau deswegen die Kirche noch nicht reif für gewisse Änderungen hält. Er hat den Eindruck, dass noch ein Machtkampf und ein Streit von Glaubenspositionen vorherrschen. Doch es muss darum gehen, aus dem Glauben immer wieder neu situations- und menschengerecht zu handeln.

Wie lernt ein junger Jesuit die Unterscheidung der Geister?

Rutishauser: Bei uns Jesuiten gehört die geistliche Urteilsbildung zur DNA. Zu jedem Gebet gehören Stille, inneres Abwägen, die Lebenswirklichkeit im Licht Gottes anzuschauen, andere Meinungen vor Gott anzuhören. Im Noviziat wird diese spirituelle Praxis während zwei Jahren intensiv und auch methodisch eingeübt.
Alles hängt schliesslich davon ab, ob auch nach der Ausbildung eine kontemplative Lebensführung gepflegt wird. Der Jesuitenorden bietet dazu einen Rahmen. Aufzwingen kann man eine geistliche Lebensführung niemandem.

Wie geht es jetzt weiter mit der Frage der viri probati?

Rutishauser: Das kann ich nicht sagen. Ich persönlich glaube, dass die Zeit reif dafür ist. Papst Franziskus kommt zu einem anderen Urteil. Das respektiere ich. Ich bin überzeugt, dass die Frage nach der Zulassung zu den Weihen grundsätzlich angegangen werden muss. Sonst gibt es eine Feuerlöschaktion nach der anderen. Das hat nichts mit der Führung durch der Heiligen Geist zu tun. Ein spiritueller Blick ist weiter und tiefer.

 

Diesen Text haben wir freundlicherweise übernommen von kath.ch, wo er am 09.09.2020 veröffentlicht wurde.

Priestertum und Macht

Das Amt in der Kirche ist auf die persönliche Berufung durch Jesus Christus zurückzuführen und entsteht nicht durch Selbstwahl oder eine demokratische Legitimierung; damit ist ein fundamentaler Unterschied zu einem weltlichen Amt ausgesagt. Die Aufgabe des geweihten Priesters besteht auch nicht darin, (politische) Macht über die Laien auszuüben. Das II. Vatikanische Konzil definierte den priesterlichen Dienst als Vollmacht zu lehren, zu heiligen (was sich wesentlich auf die Spendung der Sakramente bezieht) und zu leiten (vgl. Lumen Gentium 26-28; Presbyterorum Ordinis 4-6). Ihre in der Weihe vermittelte heilige Vollmacht (potestas sacra) dient dazu, dass Gott durch sie sein göttliches Wort spricht, seine Gnade in der Liturgie und bei den Sakramenten vermittelt und Christus selbst seine Herde weidet. Mit Nachdruck legte das Konzil dar, dass die Macht des Geweihten als Dienstvollmacht am Gottesvolk zu verstehen ist, also keineswegs als Herrschaftsanspruch. An diesem Maßstab muss sich die Kirche immer wieder kritisch messen und hinterfragen lassen.

Auf der Linie des II. Vatikanums schreibt Papst Franziskus in seinem Apostolischen Schreiben „Evangelii Gaudium“ in der Nr. 104, dass es zu Konflikten kommen wird, „wenn die sakramentale Vollmacht zu sehr mit Macht verwechselt wird“. Er führt aus: „Man darf nicht vergessen, dass wir uns, wenn wir von priesterlicher Vollmacht reden, 'auf der Ebene der Funktion und nicht auf der Ebene der Würde und der Heiligkeit'[1] befinden. Das Amtspriestertum ist eines der Mittel, das Jesus zum Dienst an seinem Volk einsetzt, doch die große Würde kommt von der Taufe, die allen zugänglich ist. Die Gleichgestaltung des Priesters mit Christus, dem Haupt – d. h. als Hauptquelle der Gnade – schließt nicht eine Erhebung ein, die ihn an die Spitze aller Übrigen setzt.  In der Kirche begründen die Funktionen ‚keine Überlegenheit der einen über die anderen‘.[2] Tatsächlich ist eine Frau, Maria, bedeutender als die Bischöfe. Auch wenn die Funktion des Amtspriestertums sich als ‚hierarchisch‘ versteht, muss man berücksichtigen, dass sie ‚ganz für die Heiligkeit der Glieder Christi bestimmt‘ ist.[3] Ihr Dreh- und Angelpunkt ist nicht ihre als Herrschaft verstandene Macht, sondern ihre Vollmacht, das Sakrament der Eucharistie zu spenden; darauf beruht ihre Autorität, die immer ein Dienst an dem Volk ist.“

Die Dienstvollmacht des Priesters als Macht für das Volk Gottes zeigt sich besonders darin, dass dieser sich nicht selbst die Sakramente spenden kann. Für die Krankensalbung und die Lossprechung von seinen Sünden braucht er, wie jeder andere Gläubige auch, einen Priester. Dienst und Nachfolge, die sich besonders in der Kreuzesnachfolge und im Tragen der Lasten anderer zeigen (vgl. Gal 6,2), sind deshalb etwas wesentlich anderes als eine Leitungsfunktion in einer gesellschaftlichen Einrichtung, können also damit nicht verglichen werden. Die Forderung nach einer klar geregelten Kontrolle von Macht in der Kirche ist berechtigt, muss aber dieses fundamental andere Verständnis von Macht immer wieder im Blick haben bzw. dieses wieder geltend machen. Missbrauch entsteht immer dann, wenn priesterliche Vollmacht nicht zum Dienst, sondern als Erhebung über andere verstanden und gelebt wird. Die Einrichtung von Anlaufstellen, bei denen dies angezeigt und nachverfolgt werden kann, ist ein Erfordernis unserer Zeit.

 


[1] Johannes Paul II., Nachsynodales Schreiben Christifideles laici (30. Dezember 1988), 51: AAS 81 (1989), 493.

[2] Kongregation für die Glaubenslehre. Erklärung Inter Insigniores zur Frage der Zulassung der Frau zum Amtspriestertum (15. Oktober 1976), VI: AAS 69 (1977), 115.

[3] Johannes Paul II.. Apostolisches Schreiben Mulieris dignitatem (15. August 1988), 27: AAS 80 (1988), 1718.

Gemeindeleitung durch Laien?

In der Kirchenkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils Lumen Gentium ist die Zuordnung von Priestern und Laien in der Nr. 10 schön beschrieben:

„Das gemeinsame Priestertum der Gläubigen aber und das Priestertum des Dienstes, das heißt das hierarchische Priestertum, unterscheiden sich dem Wesen nach und nicht bloß dem Grade nach. Dennoch sind sie einander zugeordnet: das eine wie das andere nämlich nimmt je auf besondere Weise am Priestertum Christi teil. Der Amtspriester nämlich bildet kraft seiner heiligen Gewalt, die er innehat, das priesterliche Volk heran und leitet es. Er vollzieht in der Person Christi das eucharistische Opfer und bringt es im Namen des ganzen Volkes Gott dar; die Gläubigen hingegen wirken kraft ihres königlichen Priestertums an der eucharistischen Darbringung mit und üben ihr Priestertum aus im Empfang der Sakramente, im Gebet, in der Danksagung, im Zeugnis eines heiligen Lebens, durch Selbstverleugnung und tätige Liebe.“

Die Vollzüge des Leitens, Lehrens und Heiligens hat der Herr in besonderer Weise den Aposteln anvertraut. Bis heute wird dieser Auftrag durch Gebet und Handauflegung in der Weihe in verschiedenen Stufen weitergegeben. Bedingt durch den wachsenden Priestermangel und die Zusammenlegung von Pfarreien kam es in letzter Zeit zur Vermischung der Dienste von Klerikern und Laien, vor allem hinsichtlich der Leitung von Gemeinden. Hier hat die Kirche regulierend eingegriffen.

Schon beim Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe in Rom am 20.11.2015 zeigte Papst Franziskus in der den Oberhirten schriftlich ausgehändigten Ansprache klar die Grenzen des Einsatzes von Laien in der Gemeindeleitung auf: „Pastoralpläne, die den geweihten Priestern nicht die gebührende Bedeutung in ihrem Dienst des Leitens, Lehrens und Heiligens im Zusammenhang mit dem Aufbau der Kirche und dem sakramentalen Leben beimessen, sind der Erfahrung nach zum Scheitern verurteilt. Die wertvolle Mithilfe von Laienchristen im Leben der Gemeinden, vor allem dort, wo geistliche Berufungen schmerzlich fehlen, darf nicht zum Ersatz des priesterlichen Dienstes werden oder ihn sogar als optional erscheinen lassen. Ohne Priester gibt es keine Eucharistie. Die Berufungspastoral beginnt mit der Sehnsucht nach dem Priester im Herzen der Gläubigen.“

Trotzdem gab es Pilotprojekte in einigen deutschen Diözesen, bei denen nach Canon 517 § 2 des Kirchenrechts Laien die Gemeindeleitung anvertraut wurde unter Berufung auf einen durch den Priestermangel verursachten pastoralen Notstand. Im Hinblick auf die Weltkirche ist diese Vorgehensweise erstaunlich, denn aus dem im Vatikan veröffentlichen päpstlichen Jahrbuch 2018 (Annuario Pontificio) und dem statistischen Jahrbuch der Kirche für das Jahr 2016 geht hervor, dass der größte Priestermangel - gemessen an der Zahl der Katholiken pro Priester - in Südamerika herrscht. Dort kommen auf einen Priester 7.200 Katholiken. In Europa sind es 1.600, dazwischen liegt Afrika mit einem Verhältnis von 1:5.000 und Asien mit 1:2.200. Deshalb hätte eher die Kirche in Südamerika das Recht, sich auf einen pastoralen Notstand zu berufen, als jene in Europa und Deutschland.

In formaler Hinsicht sollte bei diesen Pilotprojekten die Anbindung an das kirchliche Amt zwar noch mittelbar durch den Dekan oder einen nicht am Ort lebenden moderierenden Priester (wie etwa einen Dekan oder einen Priester im kategorialen Dienst) gegeben sein, de facto sollte sie aber in der Gemeinde durch einen theologisch ausgebildeten Pfarrbeauftragten ausgeübt werden. In der 34-seitigen „Instruktion der Kongregation für den Klerus: Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche“ vom 29.6.2020, die von Papst Franziskus zwei Tage zuvor approbiert worden ist, wird dagegen unter Berufung auf das Kirchenrecht festgehalten, dass die Leitung einer Pfarrei nur einem geweihten Priester zusteht; das Amt des Pfarrers kann nicht einer aus Klerikern und Laien bestehenden Gruppe übertragen werden (vgl. Nr. 66). Im Canon 521 § 1 des Kirchenrechtes heißt es: „Damit jemand gültig zum Pfarrer bestellt werden kann, muss er die Priesterweihe empfangen haben.“ Der Fall einer Pfarrei, für die weder ein eigener Pfarrer noch ein Pfarradministrator oder ein Priester gemäß Canon 517 § 2 bestellt werden kann, ist im Kirchenrecht nicht vorgesehen. Dies berechtigt den Ortsbischof nicht, am Gesetz vorbei („praeter legem“, vgl. Canon 24 § 2) Laien oder Diakone mit der Gemeindeleitung zu beauftragen.

Missverständliche Formulierungen bei der Beauftragung von pfarreilichen Diensten müssen nach der Instruktion der Kleruskongregation vermieden werden. Titel wie „Pfarrer“, „Co-Pfarrer“, „Pastor“, „Kaplan“, „Moderator“, „Pfarrverantwortlicher“ oder ähnliche Begriffe dürfen für Laien nicht verwendet werden, weil das Recht diese dem Priester vorbehält und sie einen direkten Bezug zu dessen Dienstprofil haben. „Gleichermaßen illegitim und nicht ihrem kirchlichen Stand entsprechend sind im Hinblick auf die genannten Gläubigen und Diakone auch Formulierungen wie ‚übertragen der Hirtensorge einer Pfarrei‘, ‚die Pfarrgemeinde leiten‘ und andere ähnliche, die sich auf die Eigenart des priesterlichen Dienstes, die dem Pfarrer zusteht, beziehen“ (Nr. 96).

Wortgottesdienste an Sonntagen und gebotenen Feiertagen dürfen nur dann Laien übertragen werden, wenn „wegen des Fehlens eines geistlichen Amtsträgers oder aus einem anderen schwerwiegenden Grund die Teilnahme an einer Eucharistie unmöglich ist“ (Nr. 98; Canon 1248 § 2). Die Spendung der Taufe durch einen Laien ist ebenfalls eine Ausnahme, da ordentlicher Spender der Bischof, der Priester und der Diakon sind (vgl. Nr. 98).

Die Kleruskongregation hält es andererseits für notwendig, eine „Klerikalisierung der Pastoral zu überwinden“ und „Vorgehensweisen und Modelle zu fördern, durch die alle Getauften kraft der Gabe des Heiligen Geistes und der empfangenen Charismen sich aktiv, dem Stil und der Weise einer organischen Gemeinschaft entsprechend, in die Evangelisierung mit den anderen Pfarrgemeinden unter Berücksichtigung der Pastoral der Diözese einbringen“ (Nr. 38). Da die Kirche nicht nur Hierarchie, sondern Volk Gottes ist, ist auch die gesamte Gemeinschaft für ihre Sendung verantwortlich (vgl. Nr. 38). Die Berufung und die besondere Sendung der Laien ist die „Umwandlung der verschiedenen weltlichen Bereiche […], damit alles menschliche Tun vom Evangelium verwandelt wird“ (Nr. 85). Die Laien können „berufen werden zur Mitarbeit mit ihren Hirten im Dienst an der kirchlichen Gemeinschaft, für ihr Wachstum und ihr volles Leben. Sie können dabei verschiedene Ämter übernehmen, je nach der Gnade und den Charismen, die der Herr ihnen schenkt“ (Nr. 85).

Die Diskussion um die römische Instruktion hat sich im deutschen Sprachraum fast ausschließlich auf die Thematik der Gemeindeleitung konzentriert. „Die deutsche Kritik geht am Eigentlichen der Instruktion, der pastoralen Umkehr zu einer missionarischen Pastoral, völlig vorbei“ (Kardinal Walter Kasper).

Codex des Kanonischen Rechtes

Canon 517 § 2 CIC:
"Wenn der Diözesanbischof wegen Priestermangels glaubt, einen Diakon oder eine andere Person, die nicht die Priesterweihe empfangen hat, oder eine Gemeinschaft von Personen an der Wahrnehmung der Seelsorgsaufgaben einer Pfarrei beteiligen zu müssen, hat er einen Priester zu bestimmen, der, mit den Vollmachten und Befugnissen eines Pfarrers ausgestattet, die Seelsorge leitet."

Canon 521 §1 CIC:
"Damit jemand gültig zum Pfarrer bestellt werden kann, muß er die Priesterweihe empfangen haben."

Kirchenstatistik 2020: Anzahl der Katholiken weltweit steigt weiter   (Quelle: Beitrag von Vatican News)

Die Anzahl der getauften Katholiken weltweit ist auf 1,3 Milliarden angestiegen. Zu diesem Anstieg tragen vor allem Asien und Afrika bei, während die Zahl der Seminaristen weltweit sinkt. Diese und andere Daten finden sich im neuen Statischen Jahrbuch der katholischen Kirche 2018 und im Päpstlichen Jahrbuch 2020.

Anstieg der Katholiken und Bischöfe

Zwischen 2013 und 2018 (Stichdatum für das Statische Jahrbuch) wuchs die Anzahl der Katholiken weltweit um etwa 6 Prozent an, was einem Anstieg von knapp 1,254 auf 1,329 Milliarden, oder um insgesamt etwa 75 Millionen Gläubige, entspricht. Von der Gesamtzahl der Katholiken leben etwa 48 Prozent in Amerika, 21,5 Prozent in Europa und 11,1 Prozent in Asien, wo sich ein bemerkenswerter Anstieg zeigte. Insgesamt machten die Katholiken 2018 etwas weniger als 18 Prozent der Gesamtbevölkerung aus.

Innerhalb des Beobachtungszeitraumes von fünf Jahren sind auch die Bischöfe weltweit um etwa 3,9 Prozent angestiegen, wovon der Löwenanteil auf Ozeanien entfällt (+4,6 Prozent), dicht gefolgt von Amerika und Asien (beide +4,5 Prozent), Europa (+4,1 Prozent) und Afrika (+1,4 Prozent).

Priesterberufungen rückläufig

Gegenläufig ist hingegen die Tendenz bei Priestern, deren Anzahl weltweit um 0,3 Prozent gesunken ist. Im Detail betrachtet sieht man, dass es zwischen 2013 und 2014 zunächst zu einem Anstieg um 1.400 neue Priester gekommen ist, während deren Anzahl zwischen 2016 und 2018 wieder gesunken ist. Afrika und Asien sind bei den Berufungen – im Gegensatz zum weltweiten negativen Trend – Vorreiter: dort stiegen sie um 14,3 sowie 11 Prozent an. Während in Amerika die Anzahl der Priesterberufungen bei rund 123.000 in etwa stabil geblieben ist, sind sie in Europa und Ozeanien um jeweils über 7 Prozent sowie etwas mehr als 1 Prozent gesunken.

(übernommen von Vatican News - den vollständigen Beitrag finden Sie hier.)

 

Kirchenstatistik 2018: Weltweit 1,1 Prozent mehr Katholiken   (Quelle: Beitrag von Vatican News)

Mehr getaufte Katholiken, weniger Ordensleute und Seminaristen: Das ist die Bilanz der Kirche für das Jahr 2016. Afrika ist der Kontinent mit dem größten Anstieg der Getauften von 2010 bis 2016, während Europa einen Rückgang der Zahl der Gläubigen verzeichnet. Das geht hervor aus dem im Vatikan veröffentlichten Päpstlichen Jahrbuch 2018 (Annuario Pontificio) und dem Statistischen Jahrbuch der Kirche für das Jahr 2016.

Wie viele Katholiken gibt es weltweit?

Getaufte Katholiken gab es 2015 1,285 Milliarden, ein Jahr später 1,299 Milliarden -  somit ein Gesamtanstieg von 1,1 Prozent. Im gleichen Zeitraum stieg die Weltbevölkerung etwas stärker als die Zahl der Katholiken, und aus diesem Grund verzeichnet die Kirche im Jahr 2016 eine Präsenz ihrer Mitglieder von 17,67 Prozent im Gesamt der Bevölkerung der ganzen Welt, während im Jahr zuvor die Quote bei 17,73 Prozent lag.

Immer mehr Afrikaner lassen sich taufen

Die Katholiken wachsen als Religionsgemeinschaft weiterhin von Jahr zu Jahr, wenn auch langsamer im Vergleich zur Vergangenheit. Afrika legt zahlenmäßig am stärksten zu: Die Zahl der Katholiken stieg dort in den sechs Jahren 2010-2016 von 185 auf 228 Millionen, was einem Anstieg um gut 23 Prozent entspricht. In Europa, wo gut ein Fünftel aller Katholiken leben, blieb die Zahl der Katholiken annähernd gleich. Brasilien hält den Rang als Land mit den meisten Katholiken weltweit: knapp 100 Millionen.

Wie sich der Priestermangel auswirkt
Den größten Priestermangel - gemessen an der Zahl der Katholiken pro Priester - gibt es in Südamerika: Dort kommen auf einen Priester 7.200 Katholiken, in Europa sind es 1.600, dazwischen liegen Afrika mit einem Verhältnis von 1:5.000 und Asien mit 1:2.200. In Europa gibt es auch die kleinsten Bistümer; hier muss ein Bischof im Schnitt nur 13.000 Quadratkilometer bereisen, in Ozeanien sind es über 105.000 Quadratkilometer.

(übernommen von Vatican News - den vollständigen Beitrag finden Sie hier)

Sexualität

Es ist oft zu hören, dass es in der Bibel keine eindeutigen Aussagen zur Sexualmoral gebe; außer Ehebruch könne kein Sexualverhalten als sündhaft bezeichnet werden. Schon in den 60er-Jahren wurden solche Behauptungen aufgestellt. Dazu schrieben die österreichischen Bischöfe in ihrem gemeinsamen Hirtenbrief vom 28.2.1967: „In Vorträgen wurde schon ausgesprochen, der voreheliche Geschlechtsumgang sei in der Bibel nirgends verboten. Desgleichen, die Schamhaftigkeit habe im Familienbereich keinen Raum. Im Familienraum gehe also nichts gegen die Schamhaftigkeit. Was ist dazu zu sagen? In Epheser 5, 3 heißt es: ‚Unzucht, jederlei Unreinheit oder Habgier soll es unter euch nicht einmal dem Namen nach geben, wie es sich für Heilige ziemt.‘ Was hier mit ‚Unzucht‘ übersetzt ist, heißt im Urtext ‚porneia‘. Porneia aber ist nach den besten griechischen und neutestamentlichen Wörterbüchern der außereheliche Geschlechtsumgang jeder Art. […] Zur Ergänzung ist zu sagen, dass für den Ehebruch im Griechischen durchaus ein anderes Wort zur Verfügung steht, nämlich moicheia. Wie kann also gesagt werden, dass in der Bibel oder im Neuen Testament im Besonderen kein Verbot des außerehelichen Geschlechtsumganges ausgesagt sei? Sicher wird es vor Gott nicht ganz das Gleiche sein, wenn sich ein junger Mann mit seiner Braut, der er die Ehe versprochen hat, verfehlt, wie wenn sich jemand ganz zuchtlos mit Mädchen geschlechtlich abgibt. Deswegen haben wir aber nicht das Recht zu sagen, das sei erlaubt, weil ja im Neuen Testament auch in der unmittelbaren Lehre Jesu die unbedingte Ablehnung jedes außerehelichen Umganges, auch schon in Gedanken, ausgesprochen wird. Dafür könnten noch viele Belegstellen angeführt werden.“ Diese Definition von Unzucht wird im Katechismus der Katholischen Kirche in der Nr. 2353 übernommen.

Am 19. September 2018 sprach Papst Franziskus mit französischen Jugendlichen über die Sexualität der Liebe, die nur in der Beziehung zwischen Mann und Frau ihren berechtigten Platz habe (Quelle: Vatican News). „Sexualität, Sex, ist ein Geschenk Gottes. Ohne Tabu. […] Es hat zwei Ziele: sich lieben und Leben hervorbringen. […] Es ist eine Leidenschaft, leidenschaftliche Liebe. Die wahre Liebe ist leidenschaftlich. Wenn die Liebe zwischen einem Mann und einer Frau leidenschaftlich ist, bringt sie dich immer dazu, Leben zu geben.“ Im Gespräch mit Jugendlichen sagte der Papst: „Sexualität ist der schönste Punkt der Schöpfung in dem Sinn, dass Mann und Frau nach Bild und Gleichnis Gottes geschaffen sind - und der Punkt, der am meisten von der Weltlichkeit, dem Geist des Bösen, angegriffen wird“. Es mache ihn nachdenklich, dass es „keine Lügen-Industrie“, sehr wohl aber eine „Sex-Industrie“ gebe: „Mit der Porno-Industrie wird viel Geld verdient, das ist eine Entwertung des Ranges, den Gott (der Sexualität) gegeben hat. Aber die Sexualität ist großartig: Bewahrt euch eure sexuelle Dimension, eure sexuelle Identität, bewahrt sie gut, und bereitet sie für die Liebe vor.“ Mann und Frau seien Gottes Ebenbilder - nicht einer für sich, sondern „alle beide zusammen“, so der Papst weiter und er fuhr fort: „Das ist die Größe der Sexualität. Und so muss man von ihr reden. So sollte man sie leben, in dieser Dimension: Liebe zwischen Mann und Frau für das ganze Leben.“ Es stimme zwar, fügte Franziskus hinzu, dass die Menschen auch manchmal schwach würden und Sexualität „jenseits dieser schönen Straße der Liebe“ auslebten. Das seien jedoch „Stürze, wie alle Sünden“, aber nicht die „Sexualität der Liebe“: „Es ist Sexualität, die zu einer Sache gemacht wird, die von der Liebe losgelöst und zum Vergnügen genutzt wird.“

Die menschliche Sexualität wurde im Lauf der Jahrhunderte immer im Licht der Bibel gesehen, aber unterschiedlich akzentuiert. In seiner Predigt vom 19.9.2019 ist Pfr. Kocher auf diesen Prozess eingegangen.

Grundlage jeder Betrachtung der menschlichen Sexualität ist die Offenbarung des neuen und von Christus erlösten Menschen. Pfr. Kocher hat dies in seiner Predigt vom 17.10.2019 dargelegt.

Die menschliche Sexualität wurde im Lauf der Jahrhunderte immer im Licht der Bibel gesehen, aber unterschiedlich akzentuiert. In seiner Predigt vom 19.9.2019 ist Pfr. Kocher auf diesen Prozess eingegangen.

Grundlage jeder Betrachtung der menschlichen Sexualität ist die Offenbarung des neuen und von Christus erlösten Menschen. Pfr. Kocher hat dies in seiner Predigt vom 17.10.2019 dargelegt.

Aus dem Katechismus der Katholischen Kirche

2337 Keuschheit bedeutet die geglückte Integration der Geschlechtlichkeit in die Person und folglich die innere Einheit des Menschen in seinem leiblichen und geistigen Sein. Die Geschlechtlichkeit, in der sich zeigt, daß der Mensch auch der körperlichen und biologischen Welt angehört, wird persönlich und wahrhaft menschlich, wenn sie in die Beziehung von Person zu Person, in die vollständige und zeitlich unbegrenzte wechselseitige Hingabe von Mann und Frau eingegliedert ist. Die Tugend der Keuschheit wahrt somit zugleich die Unversehrtheit der Person und die Ganzheit der Hingabe.

2338 Der keusche Mensch bewahrt die in ihm angelegten Lebens- und Liebeskräfte unversehrt. Diese Unversehrtheit sichert die Einheit der Person; sie widersetzt sich jedem Verhalten, das diese Einheit beeinträchtigen würde. Sie duldet kein Doppelleben und keine Doppelzüngigkeit [Vgl. Mt 5,37].

2339 Die Keuschheit erfordert das Erlernen der Selbstbeherrschung, die eine Erziehung zur menschlichen Freiheit ist. Die Alternative ist klar: Entweder ist der Mensch Herr über seine Triebe und erlangt so den Frieden, oder er wird ihr Knecht und somit unglücklich [Vgl. Sir 1,22]. „Die Würde des Menschen erfordert also, daß er in bewußter und freier Wahl handelt, das heißt personal, von innen her bewegt und geführt und nicht unter blindem innerem Drang oder unter bloßem äußeren Zwang. Eine solche Würde erwirbt der Mensch, wenn er sich aus aller Knechtschaft der Leidenschaften befreit und so sein Ziel in freier Wahl des Guten verfolgt und sich die geeigneten Hilfsmittel wirksam und in schöpferischem Bemühen verschafft" (GS 17).

 

Verstöße gegen die Keuschheit

2351 Unkeuschheit ist ein ungeregelter Genuß der geschlechtlichen Lust oder ein ungeordnetes Verlangen nach ihr. Die Geschlechtslust ist dann ungeordnet, wenn sie um ihrer selbst willen angestrebt und dabei von ihrer inneren Hinordnung auf Weitergabe des Lebens und auf liebende Vereinigung losgelöst wird.

2352 Masturbation ist die absichtliche Erregung der Geschlechtsorgane, mit dem Ziel, geschlechtliche Lust hervorzurufen. „Tatsache ist, daß sowohl das kirchliche Lehramt in seiner langen und stets gleichbleibenden Überlieferung als auch das sittliche Empfinden der Gläubigen niemals gezögert haben, die Masturbation als eine in sich schwere ordnungswidrige Handlung zu brandmarken", weil „der frei gewollte Gebrauch der Geschlechtskraft, aus welchem Motiv er auch immer geschieht, außerhalb der normalen ehelichen Beziehungen seiner Zielsetzung wesentlich widerspricht". Der um ihrer selbst willen gesuchten geschlechtlichen Lust fehlt „die von der sittlichen Ordnung geforderte geschlechtliche Beziehung, jene nämlich, die den vollen Sinn gegenseitiger Hingabe als auch den einer wirklich humanen Zeugung in wirklicher Liebe realisiert" (CDF, Erkl. „Persona humana" 9).

Um ein ausgewogenes Urteil über die sittliche Verantwortung jener, die sich hierin verfehlen, zu bilden und um die Seelsorge danach auszurichten, soll man affektive Unreife, die Macht eingefleischter Gewohnheiten, Angstzustände und weitere psychische oder gesellschaftliche Faktoren berücksichtigen, welche die moralische Schuld vermindern oder sogar aufheben.

2353 Unzucht ist die körperliche Vereinigung zwischen einem Mann und einer Frau, die nicht miteinander verheiratet sind. Sie ist ein schwerer Verstoß gegen die Würde dieser Menschen und der menschlichen Geschlechtlichkeit selbst, die von Natur aus auf das Wohl der Ehegatten sowie auf die Zeugung und Erziehung von Kindern hingeordnet ist. Zudem ist sie ein schweres Ärgernis, wenn dadurch junge Menschen sittlich verdorben werden.

2354 Pornographie besteht darin, tatsächliche oder vorgetäuschte geschlechtliche Akte vorsätzlich aus der Intimität der Partner herauszunehmen, um sie Dritten vorzuzeigen. Sie verletzt die Keuschheit, weil sie den ehelichen Akt, die intime Hingabe eines Gatten an den anderen, entstellt. Sie verletzt die Würde aller Beteiligten (Schauspieler, Händler, Publikum) schwer; diese werden nämlich zum Gegenstand eines primitiven Vergnügens und zur Quelle eines unerlaubten Profits. Pornographie versetzt alle Beteiligten in eine Scheinwelt. Sie ist eine schwere Verfehlung. Die Staatsgewalt hat die Herstellung und Verbreitung pornographischer Materialien zu verhindern.

Homosexualität

Unzucht – im griechischen Text des Neuen Testamentes „porneia“ genannt – meint nach den besten griechischen und neutestamentlichen Wörterbüchern außereheliche Geschlechtsbeziehungen jeder Art. Näheres dazu ist den Ausführungen zum Thema „Sexualität“ zu entnehmen. An allen zwölf Stellen, in denen im Neuen Testament auf homosexuelle Praktiken eingegangen wird, werden diese ausschließlich abgelehnt. Was Homosexualität in der Bibel anbelangt, sind die Aussagen darin eindeutig; für die katholische Kirche und radio horeb sind diese bindend.

Die Weisungen des Katechismus der Katholischen Kirche in den Nummern 2357 und 2358 sind grundsätzlicher Art und verpflichtend. Darin heißt es, dass man Menschen mit einer homosexuell geprägten Sexualität mit „Achtung, Mitleid und Takt“ begegnen solle. „Man hüte sich, sie in irgendeiner Weise ungerecht zurückzusetzen“ (Nr. 2358). Gleichzeitig wird aber auch betont, „dass die homosexuellen Handlungen in sich nicht in Ordnung sind. Sie verstoßen gegen das natürliche Gesetz, denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. […] Sie entspringen nicht einer wahrhaft affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen“ (Nr. 2357).

Papst Franziskus

Auf dem Rückflug vom 28. Weltjugendtag in Rio de Janeiro hat Papst Franziskus am 28.7.2013 eine Pressekonferenz gegeben. Er wurde gefragt, was er von der „Gay-Lobby“ halte. Seine Antwort wird immer wieder zitiert, oft aber einseitig und verkürzt. Wenn man diese Ausführungen des Papstes im Gesamtzusammenhang betrachtet, wird deutlich, dass er keineswegs einer praktizierten Homosexualität das Wort redet. Hier seine Stellungnahme: „Ach, es wird so viel über die Gay-Lobby geschrieben. […] Ich glaube, wenn jemand sich einem solchen Menschen gegenübersieht, muss er das Faktum, ‚Gay‘ zu sein, von dem Faktum unterscheiden, daraus eine Lobby zu machen. Denn die Lobbys – alle Lobbys – sind nicht gut. […] Wenn einer Gay ist und den Herrn sucht und guten Willen hat – wer bin dann ich, ihn zu verurteilen? Der Katechismus der Katholischen Kirche erklärt das sehr schön, aber er sagt: Halt! Diese Menschen dürfen nicht an den Rand gedrängt werden, sie müssen in die Gesellschaft integriert werden. Das Problem liegt nicht darin, diese Tendenz zu haben, nein, wir müssen Brüder und Schwestern sein, denn das ist nur ein Problem von vielen. Das eigentliche Problem ist, wenn man aus dieser Tendenz eine Lobby macht: Lobby der Geizhälse, Lobby der Politiker, Lobby der Freimaurer – so viele Lobbys. Das ist für mich das schwerwiegende Problem.“ Gleichwohl wendet er sich gegen die Priesterweihe für schwule Männer und nennt in diesem Zusammenhang Homosexualität „eine Mode“.

Schon als Kardinal von Buenos Aires nannte er 2010 den Versuch, den Begriff der Ehe auf homosexuelle Paare auszuweiten, eine „zerstörerische Attacke auf Gottes Plan“.

In einem Interviewbuch 2017 erklärte der Papst, dass Partnerschaften von gleichgeschlechtlichen Personen nicht Ehe, sondern zivile Partnerschaften genannt werden sollten: „Ehe ist zwischen Mann und Frau. Das ist das präzise Wort. Nennen wir die homosexuelle Partnerschaft ‚zivile Partnerschaft‘.“

Am 21.6.2018 hat der Papst zum Familienbegriff der katholischen Kirche Stellung bezogen. Homosexuelle Partnerschaften sind darin nicht enthalten: „Heute – und es ist schlimm, das sagen zu müssen – spricht man von ‚diversen‘ Familien: diversen Arten der Familien. Ja, es stimmt, dass das Wort ‚Familie‘ ein analoges Wort ist, denn man spricht auch von ‚Familien‘ von Sternen, ‚Familien‘ von Bäumen und ‚Familien‘ von Tieren […], es ist ein analoges Wort. Aber die menschliche Familie, als Abbild Gottes, Mann und Frau, ist nur diese eine. Diese einzige allein.“

In einem Rundschreiben des Staatssekretariats an alle Bischöfe der Weltkirche vom November 2020 werden falsche Interpretationen einer Papstäußerung über homosexuelle Lebensgemeinschaften korrigiert, denn in dem Dokumentarfilm „Francesco“, der am 21.10.2020 in Rom uraufgeführt wurde, sagte Papst Franziskus in einer Szene: „Wir müssen ein Gesetz zur eingetragenen Partnerschaft aufsetzen. Auf diese Weise sind sie rechtlich abgesichert. Dafür habe ich mich eingesetzt. […] Sie sind Kinder Gottes und haben das Recht auf eine Familie. Niemand sollte wegen so etwas ausgeschlossen oder unglücklich werden.“ Sie sollten in der Kirche willkommen geheißen werden.

Die Lehre der Kirche hat sich also nicht geändert.

Immer wieder kann man lesen, dass in gleichgeschlechtlichen Beziehungen Werte wie in einer Ehe gelebt würden (Fürsorge, gegenseitiges Einstehen und Liebe) und diese deshalb nicht pauschal negativ gesehen werden dürften. Im Apostolischen Schreiben für die Familien „Die Freude der Liebe. Amoris Laetitia“ wird in der Nummer 251 jeder Versuch, Analogien zwischen beiden herzustellen, unmissverständlich zurückgewiesen: „‚Was die Pläne betrifft, die Verbindungen zwischen homosexuellen Personen der Ehe gleichzustellen, gibt es keinerlei Fundament dafür, zwischen den homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Plan Gottes über Ehe und Familie Analogien herzustellen, auch nicht in einem weiteren Sinn.“ Es sei unannehmbar, „dass auf die Ortskirchen in dieser Frage Druck ausgeübt wird und dass die internationalen Organisationen Finanzhilfen für arme Länder von einer Einführung der ‚Ehe‘ unter Personen des gleichen Geschlechts in ihrer Gesetzgebung abhängig machen.“[1]

 


[1] Relatio finalis, 76; vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Erwägungen zu den Entwürfen einer rechtlichen Anerkennung der Lebensgemeinschaften zwischen homosexuellen Personen (3. Juni 2003), 4.

Antwort aus Rom: Die Kongregation für die Glaubenslehre schließt die Segnung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften aus. Die Antwort durch Luis F. Kardinal Ladaria erfolgte im März 2021. 

[…]"Die Erklärung der Unzulässigkeit von Segnungen der Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts ist daher weder eine ungerechte Diskriminierung noch enthält sie die Absicht, eine solche zu sein, sondern ruft die Wahrheit des liturgischen Ritus in Erinnerung und das, was dem Wesen der Sakramentalien zutiefst entspricht, so wie die Kirche sie versteht."[…]

Responsum ad dubium - Dokument lesen

Programmdirektor Pfr. Richard Kocher zum Buch "Deine Kirche ist ja wohl das Letzte! Fakten, Argumente, Standpunkte" (FE-Medienverlag) von Pfr. Ulrich Filler, Köln

Programmdirektor Pfr. Richard Kocher zum Buch "Deine Kirche ist ja wohl das Letzte! Fakten, Argumente, Standpunkte" (FE-Medienverlag) von Pfr. Ulrich Filler, Köln

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Eucharistische Mahlgemeinschaft

Das gemeinsame Votum des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen in Deutschland „Gemeinsam am Tisch des Herrn“, das bei der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz 2020 in Mainz diskutiert wurde, sprach sich für die wechselseitige Teilnahme an Abendmahl und Eucharistie aus. Diese sei jetzt schon möglich und solle nach dem Willen einzelner Bischöfe und des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz beim Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt 2021 Anwendung finden.

Eine Stellungnahme der Glaubenskongregation vom 18. September 2020 schloss jedoch eine Teilnahme katholischer und evangelischer Christen an der Feier der jeweils anderen Konfession mit Empfang der Eucharistie bzw. des Abendmahls aus. Auch für eine „individuelle Gewissensentscheidung“ gebe es keine Grundlage. Die Punkte des Papiers des Arbeitskreises wurden in der römischen Stellungnahme eingehend aufgegriffen und hinsichtlich seiner Schlussfolgerungen kritisch analysiert. Wörtlich heißt es, dass „einige im Dokument nicht ausreichend geklärte theologische Anfragen des katholischen Grundverständnisses von Kirche, Eucharistie und Weiheamt“ angesprochen würden, „wobei letztere als koexistent und nicht trennbar gesehen werden müssen“. Eine eucharistische Mahlgemeinschaft mit der evangelischen Kirche in Deutschland würde zudem im ökumenischen Dialog mit den orthodoxen Kirchen über Deutschlands Grenzen hinaus, aber auch innerhalb Deutschlands selbst aufgrund der Präsenz vieler orientalischer Christen dort neue Gräben aufreißen. Mit Bedauern wird zur Kenntnis genommen, dass in internationalen katholisch-lutherischen Dialogforen „beachtenswerte gemeinsame Annäherungen im Eucharistie- und Amtsverständnis“ gefunden worden seien, „die im besagten Dokument keinen Widerhall finden“.

Kardinal Kurt Koch, der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, sagte in einem Interview bei radio horeb am 30. Oktober 2020, das wir in Auszügen zitieren (das ganze Interview finden Sie hier), dass zum Vollzug einer Mahlgemeinschaft eine Bekenntnisgemeinschaft vorausgesetzt sei, d. h. ein gemeinsamer Glaube. Die Eucharistie stehe im Zentrum der katholischen Glaubenslehre, sie sei „Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“ (II. Vatikanisches Konzil, LG 11) und gehöre deshalb zum „depositum fidei“, über das die katholische Kirche nicht verfügen könne, und das auch in der heutigen Zeit bewahrt werden müsse. Die Einheit von Eucharistie und Kirche zeige sich immer auch in der Einheit mit dem Papst und dem Bischof als Repräsentant der Ortskirche („Communio ecclesiarum“).

Die Grundzüge der eucharistischen Theologie des II. Vatikanischen Konzils seien im Votum „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ nicht genügend berücksichtigt worden, so Koch. Das Konzil habe stark auf die frühe Kirche zurückgewiesen, in der eine explizite eucharistische Ekklesiologie vorhanden gewesen sei, d. h. eine Lehre von der Kirche, die ganz von der Eucharistie her aufgebaut sei. Die Kirche feiere nicht nur Eucharistie, sondern Eucharistie baue, ernähre und bewahre die Kirche.

Bereits erfolgte Annäherungen im Eucharistie- und Amtsverständnis zeigen sich laut Koch vor allem mit den Lutheranern, nicht aber mit allen evangelischen Kirchen. Der Ökumenische Arbeitskreis mache jedoch keine Unterschiede.

Den Brief von Luis F. Kardinal Ladaria SJ, an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Bischof Georg Bätzing zum Votum des Ökumenischen Arbeitskreis "Gemeinsam am Tisch des Herrn" finden Sie hier.

Den Brief von Luis F. Kardinal Ladaria SJ, an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Bischof Georg Bätzing zum Votum des Ökumenischen Arbeitskreis "Gemeinsam am Tisch des Herrn" finden Sie hier.

Kann ich als evangelischer Christ die Kommunion empfangen? Darf ich als Katholik am Abendmahl teilnehmen? Fragen, die mancherorts die Gläubigen beschäftigen. Gregor Dornis hat mit Kurt Kardinal Koch, dem Präsidenten des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, gesprochen: 

Gender-Theorie

Im Nachapostolischen Schreiben über die Familie „Amoris Laetitia“ vom 19.3.2016 heißt es in der Nummer 56: „Eine weitere Herausforderung ergibt sich aus verschiedenen Formen einer Ideologie, die gemeinhin Gender genannt wird und die »den Unterschied und die natürliche Aufeinander-Verwiesenheit von Mann und Frau leugnet. Sie stellt eine Gesellschaft ohne Geschlechterdifferenz in Aussicht und höhlt die anthropologische Grundlage der Familie aus. Diese Ideologie fördert Erziehungspläne und eine Ausrichtung der Gesetzgebung, welche eine persönliche Identität und affektive Intimität fördern, die von der biologischen Verschiedenheit zwischen Mann und Frau radikal abgekoppelt sind. Die menschliche Identität wird einer individualistischen Wahlfreiheit ausgeliefert, die sich im Laufe der Zeit auch ändern kann.«[1] Es ist beunruhigend, dass einige Ideologien dieser Art, die behaupten, gewissen und manchmal verständlichen Wünschen zu entsprechen, versuchen, sich als einzige Denkweise durchzusetzen und sogar die Erziehung der Kinder zu bestimmen. Man darf nicht ignorieren, dass »das biologische Geschlecht (sex) und die soziokulturelle Rolle des Geschlechts (gender) unterschieden, aber nicht getrennt werden [können]«.“[2]

Die Gender-Theorie als Rückschritt, ideologischer Kolonialismus und Indoktrination

Im April 2015 hielt der Papst eine Mittwochskatechese über den von Gott als Mann und Frau geschaffenen Menschen und sagte: „Die moderne, zeitgenössische Kultur hat neue Räume, neue Freiheiten und neue Tiefen eröffnet, um das Verständnis dieses Unterschieds zu bereichern. Aber sie hat auch viele Zweifel und viel Skepsis eingeführt. Ich frage mich zum Beispiel, ob die sogenannte Gender-Theorie nicht auch Ausdruck von Frustration und Resignation ist, die darauf abzielt, den Unterschied zwischen den Geschlechtern auszulöschen, weil sie sich nicht mehr damit auseinanderzusetzen versteht. Ja, wir laufen Gefahr, einen Rückschritt zu machen. Denn die Beseitigung des Unterschieds ist das Problem, nicht die Lösung.“

Ende Juli 2016 sagte der Papst zu den Bischöfen Polens: „In Europa, in Amerika, in Lateinamerika, in Afrika, in einigen Ländern Asiens gibt es einen wahren ideologischen Kolonialismus. Und einer von diesen – ich nenne ihn unverhohlen beim Namen – ist die Gender-Theorie! Heute wird den Kindern – den Kindern! – in der Schule beigebracht, dass jeder sein Geschlecht selber wählen kann. Und warum wird das gelehrt? Weil die Lehrbücher von den Personen und den Institutionen kommen, die dir das Geld geben. Das sind die Formen von ideologischem Kolonialismus, die auch von sehr einflussreichen Ländern unterstützt werden. Und das ist schrecklich."

In einer Pressekonferenz beim Rückflug von Aserbaidschan nach Rom hat der Papst im Oktober 2016 erklärt: "Man muss die Menschen begleiten, so wie Jesus das getan hat. Wenn ein Mensch, der sich in dieser Lage befindet, vor Jesus gelangt, dann wird dieser ihm sicher nicht sagen: Geh weg, du bist homosexuell. Nein. Ich habe über diese Bosheit gesprochen, mit der heute durch die Gender-Theorie Indoktrination betrieben wird. Ein Vater aus Frankreich hat mir von seinem zehnjährigen Sohn erzählt. Der hat beim Mittagessen der Familie auf die Frage, was er später mal werden will, geantwortet: Ein Mädchen! Da wurde dem Vater klar, dass das Kind in der Schule über die Gender-Theorie unterrichtet wird, und das ist gegen das Natürliche. Das eine ist, dass jemand diese Tendenz hat und sogar sein Geschlecht ändert; etwas anderes ist es, das in den Schulen zu unterrichten, um die Mentalität zu verändern. Das ist es, was ich ideologische Kolonisierung nenne." Bereits bei seinem Besuch in der georgischen Hauptstadt Tiflis hatte der Papst die "Gendertheorie" verurteilt, die Teil eines "weltweiten Kriegs zur Zerstörung der Ehe" sei.

 


[1] Relatio finalis 2015, 8.

[2] Relatio finalis 2015, 58.

Der Synodale Weg

Im Schreiben vom 29.6.2019 „An das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ hat Papst Franziskus drei Punkte für den Synodalen Weg mitgegeben:

1. Der Primat der Evangelisierung muss wieder zurückgewonnen werden.

2. Der Sensus Ecclesiae ist zu beachten – eine Formulierung, die fünfmal in dem Brief erwähnt wird. Damit ist der Glaubenssinn der Gläubigen gemeint; dieser gilt als sicheres Kriterium, „um zu entscheiden, ob eine bestimmte Lehre oder Praxis zum apostolischen Glauben gehört“ (Yves Congar).

3. Auf die Einheit der Kirche ist Rücksicht zu nehmen. Dabei geht es um die Einheit im Glauben und in wesentlichen Fragen der Moral.

Hier das ganze Schreiben sowie Auszüge daraus. 

Nur in besonderen Situationen wendet sich der Papst in einem eigenen Schreiben an die Kirche in einem bestimmten Land, wie dies in Chile oder zuvor schon bei Papst Benedikt im Schreiben an die Kirche in Irland der Fall war.

Da Papst Franziskus sich in seiner Argumentation oft auf das Apostolische Schreiben „Evangelii Gaudium“ bezieht, sei an dieser Stelle auch auf dieses bzw. ein Exzerpt daraus verwiesen sowie auch auf den Text, den er den deutschen Bischöfen bei ihrem Ad-limina-Besuch in Rom im November 2015 aushändigte.

 

Tagespost-Interview mit Bischof Algermissen über seinen Besuch bei Papst Franziskus

Der emeritierte Fuldaer Bischof Algermissen hat Papst Franziskus im Oktober 2020 in Rom getroffen und mit ihm ein ernstes Gespräch über die Kirche in Deutschland geführt. In der "Tagespost" wehrt sich Algermissen gegen den Vorwurf von Pater Hagenkord SJ, Äußerungen des Papstes verzerrt und übertrieben dargestellt zu haben. 

Herr Bischof, Sie haben nach der Generalaudienz am 7. Oktober mit dem Heiligen Vater sprechen können. Worum ging es?

Ich habe dem Heiligen Vater meine Sorge über die Situation der Kirche in Deutschland anvertraut und er antwortete: „Ich bin auch in großer Sorge, wenn ich an Deutschland denke, aber ich konnte angesichts des Synodalen Wegs, den die deutschen Bistümer wagen, nicht mehr tun, als den Katholiken in Deutschland einen Brief zu schreiben. Das habe ich am 29. Juni 2019 getan. Was soll ich machen? Dieser Brief hat eigentlich kaum eine Wirkung gehabt. Ich habe noch kaum eine Reaktion auf diesen Brief, die zeigte, dass meine Impulse auch richtig verstanden werden.“ Es war ein sehr ernstes Gespräch.

Wie erklären Sie sich das?

Der Brief von Papst Franziskus an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland enthält eine Formulierung, die in päpstlichen Verlautbarungen eher unüblich ist: den „sensus ecclesiae“, das Denken und Fühlen mit der Kirche. Wir kennen zwar den „sensus fidelium“, den Glaubenssinn. Der Brief fordert uns Katholiken in Deutschland sinngemäß dazu auf, dass wir uns von Eigenbrötelei und ideologischen Tendenzen befreien sollen, um die Gemeinschaft mit dem heiligen und treuen Volk Gottes nicht zu verlieren. Das heißt, es besteht die Gefahr, dass wir ein Stückweit die Gemeinschaft und den Anschluss an die Weltkirche verlieren können.

Was haben Sie dem Heiligen Vater geantwortet?

Mitunter habe ich den Eindruck, dass bei uns ein Verdrängungsmechanismus herrscht und eine ganze Dimension ausschaltet. Man weiß je schon vorher, worüber man diskutieren muss, weil die Themen von außen vorgegeben werden. Medial wird man regelrecht dazu gezwungen, die immergleichen Fragen zur Sprache zu bringen. Darunter leidet die Substanz.

Worin bestünde die Substanz?

Der Brief des Heiligen Vaters an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland erinnert auch an das, was er den deutschen Bischöfen am Ende unseres Ad-limina-Besuchs 2015 in einem Brief mitgegeben hat. Darin heißt es, dass das Entscheidende nicht die Herstellung neuer Strukturen und Pläne sei, sondern wesentlich sei die Wiedergewinnung der Evangelisierung und der Mission. Dieser Meinung bin ich schon lange. Indes sind Evangelisierung und Mission nur umsetzbar, wenn alle Bistümer verbindlich in diesem Ziel übereinstimmen.

Was ergibt sich daraus?

Wir müssen einen roten Faden in allen Bistümern finden, der uns verbindet und auf dem Weg mit der Weltkirche einbindet. Ohne sich auf den Primat der Evangelisierung zu einigen, bliebe der Synodale Weg ein Kurieren an Symptomen ohne probate Therapie. Wir müssen an die wirkliche Quelle. Das ist das Entscheidende in einem Land, das zunehmend unter dem Verlust des Glaubens und der Gottesbeziehung leidet. Das kam auch im Gespräch mit dem Heiligen Vater zum Tragen. Er sagte mir: „Sie müssen die entscheidenden Punkte vor Augen haben“.

Und welche Fragen sind für den Heiligen Vater die, auf die es ankommt?

Für ihn sind die entscheidenden Fragen: Wie können wir unter den Bedingungen dieser Zeit in dieser Welt die Botschaft Jesu so sagen und leben, dass sie verstanden wird und auch einladend ist. Dabei dürfen wir von der Klarheit der Botschaft kein Jota und Strichlein wegnehmen. Das hat der Heilige Vater deutlich betont. Dann bat er mich darum, mitzuhelfen, dass sein Brief noch einmal neu in Erinnerung gelangt.

Auch die Befürworter radikaler Reformen berufen sich aber auf den Brief des Papstes und seinen Appell zur Evangelisierung. Der Neutestamentler Thomas Söding sagte: „Primat der Evangelisierung“ heißt nicht, dass wir zuerst über Verkündigung sprechen und dann einmal weitersehen, sondern dass wir gerade dann auf die Überzeugungskraft des Evangeliums setzen, wenn es Konflikte gibt und echte Veränderungen anstehen: bei der Machtverteilung, bei den Rollen von Priestern, bei den Diensten von Frauen, bei der Sexualmoral. Alles, was sich hier ändert, um die Evangelisierung zu fördern, ist schon Evangelisierung.“

Beim Synodalen Weg wird für mich allzu viel politisiert – wie im Deutschen Bundestag. Am Ende möchte man eine Mehrheitsentscheidung durch Abstimmung finden. Und das soll dann die Wahrheit sein. Das ist indes in der Kirche nicht möglich. Die „Ergebnisoffenheit“ – ein furchtbares Wort – ist hinsichtlich von Glaubensfundamenten ein Widerspruch in sich. Da gibt es keine Wahrheit per Mehrheitsbeschluss. Das wurde auch in den weiteren Gesprächen deutlich, die ich in Rom geführt habe.

Was wurde Ihnen dort mitgeteilt?

Immer wieder kam die erstaunte Frage, was die Deutschen mit dem Synodalen Weg eigentlich vorhaben: „Wisst ihr nicht, dass ihr weniger als zwei Prozent der Weltkirche seid?“ Mit Blick auf die Doktrin wirkt der Synodale Weg auf viele wie ein Bruch. Natürlich ist in Rom bekannt, dass die Katholiken in Deutschland viel Gutes in der Welt tun. Aber die Sorge ist groß, dass der Synodale Weg gutgeht. „Was soll dabei eigentlich herauskommen?“ wurde ich gefragt. Und einer meinte: „Eine Reformation reicht, wir brauchen keine zweite“. Ich habe offen geantwortet, dass ich selbst hinsichtlich des Synodalen Wegs große Bedenken habe. Es wird, wie ich vermute, eine tiefe Enttäuschung geben. Und die Frage wird dann sein, wer diese Enttäuschung unter welchen Bedingungen verkraftet.

Welche Bilanz ziehen Sie aus Ihrem Rombesuch?

Ich habe im Kontext des Synodalen Weges nur Bedenken und ängstliche Fragen gehört. Meine Sorge ist, dass es nach diesem Prozess quer durch die deutschen Bistümer tiefe Konflikte und Spaltungen gibt. Entsetzt hat mich in Rom eine italienische Predigt, deren Ende ich bei meinem Besuch im Petersdom eher zufällig beim Kathedraaltar mithörte. Der italienische Zelebrant sprach mit Blick auf den Synodalen Weg von der Entstellung des Evangeliums („deformare il vangelo“).

Pater Bernd Hagenkord SJ, der Geistliche Begleiter des Synodalen Wegs, hat Ihre Aussagen angezweifelt mit der Begründung, der Papst spreche kein Konversationsdeutsch. Was antworten Sie ihm?

Pater Hagenkords Unterstellung in seinem Interview  mit dem „Domradio Köln“ hat mich sehr befremdet, zumal er unterstellt, ich hätte hinsichtlich meines kurzen Gesprächs mit dem Heiligen Vater am Ende der Audienz (7. Oktober) übertrieben oder gar die Unwahrheit gesagt. Seine Behauptung ist eine tendenziöse Mutmaßung. Zudem irrt der Pater auch, was die deutsche Sprachfähigkeit des Heiligen Vaters angeht. Sie reicht völlig aus, um eine Sorge zur Sprache zu bringen.

Einleitung

Wir sind uns alle bewusst, dass wir nicht nur in einer Zeit der Veränderungen leben, sondern vielmehr in einer Zeitenwende, die neue und alte Fragen aufwirft, angesichts derer eine Auseinandersetzung berechtigt und notwendig ist.

Nr. 2

Heute indes stelle ich gemeinsam mit euch schmerzlich die zunehmende Erosion und den Verfall des Glaubens fest mit all dem, was dies nicht nur auf geistlicher, sondern auch auf sozialer und kultureller Ebene einschließt. Diese Situation lässt sich sichtbar feststellen, wie dies bereits Benedikt XVI. aufgezeigt hat, nicht nur „im Osten, wie wir wissen, wo ein Großteil der Bevölkerung nicht getauft ist und keinerlei Kontakt zur Kirche hat und oft Christus überhaupt nicht kennt“, sondern sogar in sogenannten „traditionell katholischen Gebieten mit einem drastischen Rückgang der Besucher der Sonntagsmesse sowie beim Empfang der Sakramente“.

Nr. 3

Es handelt sich im Kern um einen synodos, einen gemeinsamen Weg unter der Führung des Heiligen Geistes. Das aber bedeutet, sich gemeinsam auf den Weg zu begeben mit der ganzen Kirche unter dem Licht des Heiligen Geistes, unter seiner Führung und seinem Aufrütteln, um das Hinhören zu lernen und den immer neuen Horizont zu erkennen, den er uns schenken möchte. Denn die Synodalität setzt die Einwirkung des Heiligen Geistes voraus […].

Nr. 5

Die derzeitige Situation anzunehmen und sie zu ertragen, impliziert nicht Passivität oder Resignation und noch weniger Fahrlässigkeit; sie ist im Gegenteil eine Einladung, sich dem zu stellen, was in uns und in unseren Gemeinden abgestorben ist, was der Evangelisierung und der Heimsuchung durch den Herrn bedarf. Das aber verlangt Mut, denn, wessen wir bedürfen, ist viel mehr als ein struktureller, organisatorischer oder funktionaler Wandel.

Eine der ersten und größten Versuchungen im kirchlichen Bereich besteht darin zu glauben, dass die Lösungen der derzeitigen und zukünftigen Probleme ausschließlich auf dem Wege der Reform von Strukturen, Organisationen und Verwaltung zu erreichen sei, dass diese aber schlussendlich in keiner Weise die vitalen Punkte berühren, die eigentlich der Aufmerksamkeit bedürfen. „Es handelt sich um eine Art neuen Pelagianismus, der dazu führt, unser Vertrauen auf die Verwaltung zu setzen, auf den perfekten Apparat. Eine übertriebene Zentralisierung kompliziert aber das Leben der Kirche und ihre missionarische Dynamik, anstatt ihr zu helfen (vgl. Evangelii gaudium, 32)“.

Die Grundlage dieser Versuchung ist der Gedanke, die beste Antwort angesichts der vielen Probleme und Mängel bestehe in einem Reorganisieren der Dinge, in Veränderungen und in einem „Zurechtflicken”, um so das kirchliche Leben zu ordnen und glätten, indem man es der derzeitigen Logik oder jener einer bestimmten Gruppe anpasst. […]

„Das aber wäre die größte Sünde der Verweltlichung und verweltlichter Geisteshaltung gegen das Evangelium“. So käme man vielleicht zu einem gut strukturierten und funktionierenden, ja sogar „modernisierten“ kirchlichen Organismus; er bliebe jedoch ohne Seele und ohne die Frische des Evangeliums.

Wir dürfen nicht vergessen, dass es Spannungen und Ungleichgewichte gibt, die den Geschmack des Evangeliums haben, die beizubehalten sind, weil sie neues Leben verheißen.

Nr. 6

Sooft eine kirchliche Gemeinschaft versucht hat, alleine aus ihren Problemen herauszukommen, und lediglich auf die eigenen Kräfte, die eigenen Methoden und die eigene Intelligenz vertraute, endete das darin, die Übel, die man überwinden wollte, noch zu vermehren und aufrechtzuerhalten.

Das gegenwärtige Bild der Lage erlaubt uns nicht, den Blick dafür zu verlieren, dass unsere Sendung sich nicht an Prognosen, Berechnungen oder ermutigenden oder entmutigenden Umfragen festmacht, und zwar weder auf kirchlicher, noch auf politischer, ökonomischer oder sozialer Ebene und ebenso wenig an erfolgreichen Ergebnissen unserer Pastoralplanungen.

Ohne neues Leben und echten, vom Evangelium inspirierten Geist, ohne ,Treue der Kirche gegenüber ihrer eigenen Berufung‘ wird jegliche neue Struktur in kurzer Zeit verderben.“

Ein wahrer Wandlungsprozess […] verlangt eine pastorale Bekehrung. Wir werden aufgefordert, eine Haltung einzunehmen, die darauf abzielt, das Evangelium zu leben und transparent zu machen, indem sie mit „dem grauen Pragmatismus des täglichen Lebens der Kirche bricht, in dem anscheinend alles normal abläuft, aber in Wirklichkeit der Glaube nachlässt und ins Schäbige absinkt“. Pastorale Bekehrung ruft uns in Erinnerung, dass die Evangelisierung unser Leitkriterium schlechthin sein muss, unter dem wir alle Schritte erkennen können, die wir als kirchliche Gemeinschaft in Gang zu setzen gerufen sind; Evangelisieren bildet die eigentliche und wesentliche Sendung der Kirche.

Nr. 7

Deshalb ist es, wie Eure Bischöfe bereits betont haben, notwendig, den Primat der Evangelisierung zurückzugewinnen […]. […] Auch bedeutet Evangelisierung nicht den Versuch, Gewohnheiten und Praktiken zurückzugewinnen, die in anderen kulturellen Zusammenhängen einen Sinn ergaben.

Die Evangelisierung führt uns dazu, die Freude am Evangelium wiederzugewinnen, die Freude, Christen zu sein.

Verstimmung, Apathie, Bitterkeit, Kritiksucht sowie Traurigkeit sind keine guten Zeichen oder Ratgeber; vielmehr gibt es Zeiten in denen „die Traurigkeit mitunter mit Undankbarkeit zu tun hat: Man ist so in sich selbst verschlossen, dass man unfähig wird, die Geschenke Gottes anzuerkennen“.

Nr. 8

Deshalb muss unser Hauptaugenmerk sein, wie wir diese Freude mitteilen: indem wir uns öffnen und hinausgehen, um unseren Brüdern und Schwestern zu begegnen, besonders jenen, die an den Schwellen unserer Kirchentüren, auf den Straßen, in den Gefängnissen, in den Krankenhäusern, auf den Plätzen und in den Städten zu finden sind. […] Das bedeutet hinauszugehen, um mit dem Geist Christi alle Wirklichkeiten dieser Erde zu salben, an ihren vielfältigen Scheidewegen, ganz besonders dort, „wo die neuen Geschichten und Paradigmen entstehen, um mit dem Wort Jesu den innersten Kern der Seele der Städte zu erreichen“.

„Die Mission ist eine Leidenschaft für Jesus, zugleich aber eine Leidenschaft für sein Volk“.

So müssten wir uns also fragen, was der Geist heute der Kirche sagt (vgl. Offb 2,7), um die Zeichen der Zeit zu erkennen, was nicht gleichbedeutend ist mit einem bloßen Anpassen an den Zeitgeist (vgl. Röm 12,2).

„Die Herausforderungen existieren, um überwunden zu werden. Seien wir realistisch, doch ohne die Heiterkeit, den Wagemut und die hoffnungsvolle Hingabe zu verlieren! Lassen wir uns die missionarische Kraft nicht nehmen!”.

Nr. 9

Die Weltkirche lebt in und aus den Teilkirchen, so wie die Teilkirchen in und aus der Weltkirche leben und erblühen; falls sie von der Weltkirche getrennt wären, würden sie sich schwächen, verderben und sterben. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Gemeinschaft mit dem ganzen Leib der Kirche immer lebendig und wirksam zu erhalten.

Ihrerseits ist diese Tradition berufen, das Feuer am Leben zu erhalten, statt lediglich die Asche zu bewahren. Sie erlaubt es allen Generationen, die erste Liebe mithilfe des Heiligen Geistes wieder zu entzünden.

Nr. 10

Diese Heiligkeit regt uns an, erinnert daran und lädt ein, diesen marianischen Stil im missionarischen Wirken der Kirche zu entwickeln, die so in der Lage ist, Gerechtigkeit mit Barmherzigkeit, Kontemplation mit Aktion und Zärtlichkeit mit Überzeugung auszudrücken.

„Vereint seien die Brüder, denn das ist das erste Gesetz; sie mögen die Einheit wahren zu jeder Zeit, denn wenn sie untereinander kämpfen, werden sie von den Außenstehenden verschlungen“.

Nr. 11

Die synodale Sichtweise hebt weder Gegensätze oder Verwirrungen auf, noch werden durch sie Konflikte den Beschlüssen eines „guten Konsenses“, die den Glauben kompromittieren, den Ergebnissen von Volkszählungen oder Erhebungen, die sich zu diesem oder jenem Thema ergeben, untergeordnet. Das wäre sehr einschränkend.

Nr. 12

Die Wachsamkeit und die Bekehrung sind Gaben, die nur der Herr uns schenken kann. Uns muss es genügen, durch Gebet und Fasten um seine Gnade zu bitten.

Dem Beispiel des Meisters folgend […], befreit uns die Gnade der Bekehrung deshalb von falschen und sterilen Protagonismen. Sie befreit uns von der Versuchung, in geschützten und bequemen Positionen zu verharren, und lädt uns ein, an die Ränder zu gehen, um uns selbst zu finden und besser auf den Herrn zu hören.

Denn in der Anbetung erfüllt der Mensch seine höchste Pflicht und sie erlaubt ihm, einen Blick auf die kommende Klarheit zu werfen, die uns hilft, die neue Schöpfung zu verkosten.

Seine Liebe „erlaubt uns, das Haupt zu erheben und neu zu beginnen. Fliehen wir nicht vor der Auferstehung Jesu, geben wir uns niemals geschlagen, was auch immer geschehen mag. Nichts soll stärker sein als sein Leben, das uns vorantreibt!“.

Evangelii gaudium - Die Freude am Evangelium

Kap. 25

„Ich weiß sehr wohl, dass heute die Dokumente nicht dasselbe Interesse wecken wie zu anderen Zeiten und schnell vergessen werden. Trotzdem betone ich, dass das, was ich hier zu sagen beabsichtige, eine programmatische Bedeutung hat und wichtige Konsequenzen beinhaltet. Ich hoffe, dass alle Gemeinschaften dafür sorgen, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um auf dem Weg einer pastoralen und missionarischen Neuausrichtung voranzuschreiten, der die Dinge nicht so belassen darf, wie sie sind. Jetzt dient uns nicht eine 'reine Verwaltungsarbeit'. Versetzen wir uns in allen Regionen der Erde in einen 'Zustand permanenter Mission'.“

Kap. 33

„Die Seelsorge unter missionarischem Gesichtspunkt verlangt, das bequeme pastorale Kriterium des „Es wurde immer so gemacht“ aufzugeben. Ich lade alle ein, wagemutig und kreativ zu sein in dieser Aufgabe, die Ziele, die Strukturen, den Stil und die Evangelisierungs-Methoden der eigenen Gemeinden zu überdenken. […] Ich rufe alle auf, großherzig und mutig die Anregungen dieses Dokuments aufzugreifen, ohne Beschränkungen und Ängste.“

Kap. 49

„Ich will keine Kirche, die darum besorgt ist, der Mittelpunkt zu sein, und schließlich in einer Anhäufung von fixen Ideen und Streitigkeiten verstrickt ist. Wenn uns etwas in heilige Sorge versetzen und unser Gewissen beunruhigen soll, dann ist es die Tatsache, dass so viele unserer Brüder und Schwestern ohne die Kraft, das Licht und den Trost der Freundschaft mit Jesus Christus leben, ohne eine Glaubensgemeinschaft, die sie aufnimmt, ohne einen Horizont von Sinn und Leben. Ich hoffe, dass mehr als die Furcht, einen Fehler zu machen, unser Beweggrund die Furcht sei, uns einzuschließen in die Strukturen, die uns einen falschen Schutz geben, in die Normen, die uns in unnachsichtige Richter verwandeln, in die Gewohnheiten, in denen wir uns ruhig fühlen, während draußen eine hungrige Menschenmenge wartet und Jesus uns pausenlos wiederholt: » Gebt ihr ihnen zu essen! « (Mk 6,37).“

Kap. 261

„Wie wünschte ich die richtigen Worte zu finden, um zu einer Etappe der Evangelisierung zu ermutigen, die mehr Eifer, Freude, Großzügigkeit, Kühnheit aufweist, die ganz von Liebe erfüllt ist und von einem Leben, das ansteckend wirkt! Aber ich weiß, dass keine Motivation ausreichen wird, wenn in den Herzen nicht das Feuer des Heiligen Geistes brennt. Eine Evangelisierung mit Geist ist letztlich eine Evangelisierung mit dem Heiligen Geist, denn er ist die Seele der missionarischen Kirche.

[...] … ich bitte ihn, zu kommen und die Kirche zu erneuern, aufzurütteln, anzutreiben, dass sie kühn aus sich herausgeht, um allen Völkern das Evangelium zu verkünden.“

Kap. 262

„Ohne längere Zeiten der Anbetung, der betenden Begegnung mit dem Wort Gottes, des aufrichtigen Gesprächs mit dem Herrn verlieren die Aufgaben leicht ihren Sinn, werden wir vor Müdigkeit und Schwierigkeiten schwächer und erlischt der Eifer. Die Kirche braucht dringend die Lunge des Gebets, und ich freue mich sehr, dass in allen kirchlichen Einrichtungen die Gebetsgruppen, die Gruppen des Fürbittgebets und der betenden Schriftlesung sowie die ewige eucharistische Anbetung mehr werden.“

Kap. 265

„Mitunter verlieren wir die Begeisterung für die Mission, wenn wir vergessen, dass das Evangelium auf die tiefsten Bedürfnisse der Menschen antwortet.

[…] Die Begeisterung bei der Verkündigung Christi kommt von der Überzeugung, auf diese Erwartung antworten zu können.

Unsere unendliche Traurigkeit kann nur durch eine unendliche Liebe geheilt werden.“

Kap. 266

„Und ein Mensch, der nicht überzeugt, begeistert, sicher, verliebt ist, überzeugt niemanden.“

Kap. 268

„Die Mission ist eine Leidenschaft für Jesus, zugleich aber eine Leidenschaft für sein Volk.“

Kap 269

„Aber wir tun dies nicht aus Pflicht, nicht wie eine Last, die uns aufreibt, sondern in einer persönlichen Entscheidung, die uns mit Freude erfüllt und eine Identität gibt.“

Kap. 271

„Auf diese Weise erfahren wir die missionarische Freude, das Leben mit dem Volk zu teilen, das Gott treu ist, und versuchen zugleich, das Feuer im Herzen der Welt zu entzünden.“

Kap. 273

„Ich bin eine Mission auf dieser Erde, und ihretwegen bin ich auf dieser Welt. Man muss erkennen, dass man selber gebrandmarkt ist für diese Mission, Licht zu bringen, zu segnen, zu beleben, aufzurichten, zu heilen, zu befreien.“

Kap. 274

„Es ist schön, gläubiges Volk Gottes zu sein. Und die Fülle erreichen wir, wenn wir die Wände einreißen und sich unser Herz mit Gesichtern und Namen füllt!“

Kap. 277

„Ebenso treten ständig neue Schwierigkeiten auf, die Erfahrung des Misserfolgs, die menschlichen Kleinlichkeiten, die sehr wehtun.

[…] man ist versucht, überdrüssig zu werden. Jedoch ist es nicht das Gleiche, wenn einer aus Überdruss die Arme vorübergehend hängen lässt oder wenn er sie für immer hängen lässt, weil er von einer chronischen Unzufriedenheit beherrscht wird, von einer Trägheit, welche seine Seele austrocknet.

[…] So bleibt das Evangelium, die schönste Botschaft, die diese Welt hat, unter vielen Ausreden begraben.“

Kap. 279

„Es bedeutet, mit Bestimmtheit zu wissen, dass sicher Frucht bringen wird (vgl. Joh 15,5), wer sich Gott aus Liebe darbringt und sich ihm hingibt.

[…] Vielleicht verwendet der Herr unsere Hingabe, um Segen zu spenden an einem anderen Ort der Welt, wo wir niemals hinkommen werden.

[…] Lernen wir, in den zärtlichen Armen des Vaters zu ruhen, inmitten unserer kreativen und großherzigen Hingabe.“

Die Kirche in Deutschland hat sich auf einen zweijährigen sogenannten "Synodalen Weg" begeben. Dabei handelt es sich um einen Gesprächsprozess zwischen Bischöfen und Laien. Was sind die Themen und in welche Richtung bewegen wir uns?

Hier finden Sie Beiträge unserer Referenten und unseres Programmdirektors Pfarrer Kocher zum Synodalen Weg, die wir laufend ergänzen.

Zum Nachlesen

Amoris Laetitia von Papst Franziskus

Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland von Papst Franziskus
Auszüge daraus

Querida Amazonia - Nachsynodales Schreiben von Papst Franziskus

Ordinatio Sacerdotalis - Apostolisches Schreiben von Papst Johannes Paul II.

Evangelii gaudium - Apostolisches Schreiben von Papst Franziskus
Auszüge daraus