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Komplet, Pfr. Josef Alber

Was niemals stirbt - Das Leben von Takashi und Midori Nagai

Ehe und Familie | Credo - Takashi und Midori Nagai waren noch keine zehn Jahre verheiratet, als die Atombombe Nagasaki einäscherte. Seine Frau Midori starb, doch für Takashi begann ein heldenhafter Weg.

Wir sprechen in der Credo Sendung über die Wanderausstellung "Was niemals stirbt. Über das Leben von Takashi und Midori Nagai" , die 2023 in mehreren Städten in Deutschland gezeigt werden wird. Der Generalabt der Zisterzienser, Giuseppe Lepori OCist, war Anfang des Jahres zur Eröffnung der Wanderausstellung im badischen Bruchsal und hielt einen Vortrag über das bleibende Zeugnis von Takashi und Midori Nagai. Seinen Vortrag können Sie in der Credo-Sendung hören. Zuvor sprechen wir in der Ehe und Familie Sendung mit den Organisatoren der Ausstellung Maria Groos von Knotenpunkt - Begegnung verbindet e. V. und Hubert Keßler von der Kulturinitiative Bruchsal e. V.
Das im Zentrum stehende japanische Ehepaar Takashi und Midori Nagai gab vor und während des Zweiten Weltkriegs ein beeindruckendes Glaubenszeugnis und wurde durch den Atombombenabwurf auf Nagasaki am 9. August 1945 einer besonderen Prüfung unterzogen. Die Ehefrau Midori kam ums Leben, ihr Ehemann Takashi überlebte und wurde zum Hoffnungsträger für seine Nachbarn ebenso wie für Menschen aus aller Welt. Bald schon nannte man ihn weltweit einen "Mystiker des Friedens". Selbst die New York Times widmete ihm einen Tag nach seinem Tod 1951 einen Nachruf.

"Was niemals stirbt - Über das Leben von Takashi und Midori Nagai"

Ehe und Familie um 19:45 Uhr mit Maria Groos, "Knotenpunkt - Begegnung verbindet e. V."
Sendung verpasst? In unserem Podcast Ehe und Familie können Sie die Sendung nachhören, downloaden und teilen.

 

"Was niemals stirbt - Über das Leben von Takashi und Midori Nagai"

Credo um 20:30 Uhr mit Abt Mauro-Giuseppe Lepori OCist, Generalabt der Zisterzienser.
Sendung verpasst? In unserem Podcast Credo können Sie die Sendung nachhören, downloaden und teilen.

Eine unglaubliche Geschichte von Liebe, Tragik und Glaube

Der junge Medizinstudent Takashi Nagai stellt sich die tiefen Fragen nach Seele und Ewigkeit, als seine Mutter an einem Schlaganfall stirbt. Durch die Schriften von Blaise Pascal wird er auf den katholischen Glauben aufmerksam. Um diesen Glauben kennenzulernen, zieht er Anfang der 1930er Jahre als Untermieter zu einer katholischen Familie in der Stadt seiner Universität, Nagasaki. Katholiken waren in Japan jedoch noch nie gut angesehen und wurden meist brutal verfolgt: zur Zeit Nagais werden sie "nur" gesellschaftlich diskriminiert. Eines Winters ist es war bitterkalt und der Tochter der Familie, Midori, geht es sehr schlecht. Takashi erkennt durch seine medizinische Expertise, dass ihr Blinddarm entzündet ist! Jetzt ist höchste Eile geboten, sie muss schnellstens behandelt werden. Also hebt Takashi sie auf und trägt die junge Frau durch Schnee und Eis so schnell er kann den weiten Weg in die Klinik. Und sie überlebt.

Erhörte Gebete
Takashi konzentriert sich in seinen Studien auf Radiologie, ein junges Forschungsfeld mit hohen gesundheitlichen Risiken. Als Allgemeinmediziner kann er nicht arbeiten, da er durch eine Mittelohrentzündung auf einem Ohr taub geworden ist. 1932 wird er von der kaiserlichen Armee eingezogen, um gegen China zu Felde zu ziehen. Midori gibt ihm einen Katechismus als Lektüre mit und verspricht, jeden Tag für seinen Schutz zu beten - und seine Bekehrung. Und Takashi kommt zurück: Aufgerüttelt durch das Grauen des Krieges stellt er sich nach seiner Heimkehr erneut tiefe Fragen nach dem Sinn des Lebens. Antworten und Ermutigung findet er bei einem katholischen Pfarrer. Takashi setzt sein Studium wieder fort - und lässt sich taufen. Als Taufnamen wählt er Paul, nach dem Heiligen Paul Miki, der mit seinen Gefährten im 16. Jahrhundert als Märtyrer in Nagasaki starb. Im Sommer 1934 heiratet er seine geliebte Midori. Sie unterstützt Paul Takashi wo sie nur kann, wohl wissend, dass er durch seine Arbeit gesundheitliche Schäden erleiden würde. Das Paar bringt vier Kinder zur Welt, wovon nur zwei das Kindesalter erreichen. 

Schrecken, Leid und Hoffnung
1937 bis 1940 dient Paul Takashi im Krieg gegen China - diesmal als Arzt. Sein aufopferungsvoller Einsatz für die Verwundeten beider Seiten beeindruckt seine Kameraden. Obwohl er gesundheitlich schwächer wird, promoviert er 1944 und arbeitet in der Universitätsklinik. Und im Mai 1945 kommt die Katastrophe: Dr. Nagai arbeitet gerade in der Radiologie, als die Amerikaner ihre Atombombe "Fat Man" über Nagasaki abwerfen und die Stadt verwüsten. Trotz einer Kopfverletzung kümmert sich Paul sofort um die Massen an Verwundeten. Erst zwei Tage später schafft er es nach Hause - und findet von seiner Frau nur noch Knochen und Asche in den Trümmern. In Midoris Hand ist ein zusammengeschmolzener Klumpen: ihr Rosenkranz.

Trotz allem arbeitet er noch 58 Tage, behandelt Opfer der Bombe und unterrichtet sogar an der Hochschule. Dann bricht er zusammen, wegen akuter Strahlenkrankheit und seiner Leukämie, die er sich durch seine Tätigkeit in der Radiologie zugezogen hat und die sich durch die Strahlung der Atombombe verschärft hat. Er diagnostiziert sich selbst - und gibt sich noch drei Jahre. Alles Leid, aller Schmerz und Schrecken bringen Paul Takashi jedoch nicht zur Verzweiflung; erstaunlicherweise ist das Gegenteil der Fall:

  1. "Alles was gelebt hatte und jetzt leblos war, alles war nur noch ein Mantel aus weißer Asche. Meine geliebte Ehefrau war tot. ... Und dennoch: während mein Blick über die grenzenlose Ebene schweifte, entdeckte ich staunend, dass ich weder Bedauern noch Traurigkeit darüber empfand, alles verloren zu haben. ... Ich begann ein neues Leben." (Aus: Die Glocken von Nagasaki)

Der Heilige von Urakami
Paul Takashi wird bettlägerig und lebt mit seinen zwei Kindern in einer kleinen Hütte, die ihm aus Dankbarkeit von seinen Patienten und Studenten gestiftet wurde. Sein restliches Leben widmet er dem Gebet und der Stille. Am 3. Dezember 1949 wurde Paul Takashi Nagai der erste Ehrenbürger von Nagasaki. Wegen seines katholischen Glaubens gab es dabei Proteste in der Bevölkerung. Im gleichen Jahr besuchen ihn Kaiser Hirohito und der von Papst Pius XII. gesandte Kardinal Gilroy sowie die bekannte US-amerikanische Schriftstellerin Helen Keller. "Der Heilige von Urakami" wird für seinen Einsatz für Japan, seine unerhörte Hoffnung und Lebensfreude eine Heldenfigur seines Landes.

Im Mai 1951 stirbt Paul Takashi Nagai im Alter von 43 Jahren an Leukämie. Er hinterlässt ein umfangreiches künstlerisches Werk, wovon zu seinen Lebzeiten noch wenig bekannt war: Essays, Memoiren, Zeichnungen und mehr. Gerade seine Schilderungen über den Atombombenangriff auf Nagasaki finden als Buch "Die Glocken von Nagasaki" eine große Leserschaft. Auch seine medizinischen Berichte über Opfer der Atombombe waren wegweisend für die radiologische Forschung.