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Tobias Meyer u.a.: Für den König

Abtreibung als Menschenrecht?

Interview des Tages - Am 23. Juni behandelt das EU-Parlament den Bericht des kroatischen Sozialisten Predrag Fred Matić, der Abtreibung zum Menschenrecht erklären und die Gewissensfreiheit von Ärzten stark einzuschränken will. Der Bericht trägt den Titel "Bericht über die Lage im Hinblick auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in der EU im Zusammenhang mit der Gesundheit von Frauen". Die europäische Bischofskonferenz (Comece) kritisiert den Bericht scharf. Wir sprechen heute über diesen Bericht mit der Pressesprecherin von den Christdemokraten für das Leben – Susanne Wenzel. Den "Matić-Bericht" finden Sie als PDF zum Nachlesen und Herunterladen in diesem Beitrag.

Der nach seinem Verfasser benannte "Matić-Bericht" fordert, so heißt es darin "die Beseitigung von Barrieren" für den Zugang zum Schwangerschaftsabbruch wie beispielsweise "Wartezeiten", "die Verweigerung von medizinischer Versorgung aufgrund persönlicher Überzeugungen" oder "Beratung".
Abtreibung allein ist jedoch nicht das einzige Thema dieses Berichts. Außerdem sieht Matić vor,

  • dass das Recht auf Gewissensfreiheit für medizinisches Personal abgeschafft werden soll. Die Verweigerung einer Abtreibung durch einen Arzt soll "als Verweigerung der medizinischen Versorgung angesprochen werden". Kurz: Wenn ein Arzt "Nein" zur Abtreibung sagt, könnte es das Ende seiner Karriere bedeuten;
  • dass Abtreibung und Verhütung für Mädchen "unabhängig vom Alter" ohne elterliche Zustimmung möglich sein soll,
  • dass in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Definition und Verwaltung ihrer nationalen Gesundheitssysteme eingegriffen werden darf.

Den "Bericht über die Lage im Hinblick auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in der EU im Zusammenhang mit der Gesundheit von Frauen" lesen und als PDF herunterladen

Bonn/Brüssel (KNA) Auch die Deutsche Bischofskonferenz kritisiert den sogenannten "Matić-Bericht" zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit von Frauen und verlangt umfassenden Schutz ungeborenen Lebens. "Im Zentrum unserer Sorge steht der Schutz der unantastbaren, unveräußerlichen und gleichen personalen Würde aller Menschen", erklärte der Vorsitzende der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Bischofskonferenz und Vizepräsident der EU-Bischofskommission Comece, der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck.

Das umfasse den "Schutz von Frauen vor Ausbeutung, Unterdrückung und Gewalt sowie die Verteidigung ihrer körperlichen und seelischen Unversehrtheit". Es umfasse aber auch den Schutz des ungeborenen Lebens, seiner Menschenwürde und seines Rechts auf Leben. Über den Resolutionsentwurf des kroatischen Mitte-Links-Politikers Predrag Matić-Bericht will das EU-Parlament am Mittwoch, 23. Juni, debattieren und am Donnerstag, 24. Juni, abstimmen. Er sieht vor, dass das EU-Parlament die 27 Mitgliedstaaten zum Schutz sexueller Rechte insbesondere von Frauen und Mädchen aufrufen soll.

Das Anliegen des "Matić-Berichts", die Gesundheit und Rechte von Frauen zu schützen, sei wichtig. Das Recht auf Leben sei aber dasjenige Menschenrecht, "ohne das die anderen Rechte nicht zur Entfaltung kommen können". Es sei also "problematisch, dass der vorliegende Resolutionsentwurf die Rechte des ungeborenen Kindes nicht berücksichtigt» und sogar den Eindruck erwecke, dass Schwangerschaftsabbruch «ein Menschenrecht und eine ganz normale bzw. wesentliche Gesundheitsdienstleistung" sei. Ebenfalls sehr problematisch sei, dass der Entwurf das Recht verneine, die Beteiligung an Schwangerschaftsabbrüchen aus Gewissensgründen zu verweigern. Er werde, so die deutschen Kirchenvertreter, "der Tragik und Komplexität der Situationen, in denen Mütter die Abtreibung ihres ungeborenen Kindes als einzigen Ausweg empfinden, nicht gerecht".

Zugleich verwahren sich die deutschen Bischöfe gegen "jeden Versuch, von Populisten und Extremisten vereinnahmt zu werden, die mit ihren Parolen zum Lebensschutz eigennützig nur vermeintlich christliche Positionen vertreten, die sie in anderen Kontexten nur zu gerne ignorieren". Ähnlich hatte sich bereits die EU-Bischofskommission Comece sowie die Nordische, die Österreichische und die Slowakische Bischofskonferenz geäußert. Die Einstufung von Schwangerschaftsabbrüchen als "wesentliche Gesundheitsdienste" sei "ethisch unhaltbar", so die Comece. Die EU-Bischöfe werfen dem Text beim Thema Schwangerschaftsabbruch eine "einseitige Perspektive" und Etikettenschwindel vor. Kein internationales Recht und kein internationaler Vertrag sehe ein "Menschenrecht auf Abtreibung" oder eine entsprechende Verpflichtung der Staaten vor. Die Vertretung der nationalen katholischen Bischofskonferenzen der EU verwies auch auf ein Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs von 2011, in dem die Richter mit einer möglichen Menschenwürde von Embryonen argumentierten.


Matic-Bericht: Abtreibung als Menschenrecht.
Interview des Tages um 8:15 Uhr mit Susanne Wenzel

In unserer Rubrik Interview des Tages hören Sie diese und weitere Sendungen als Podcast und können sie gerne downloaden und teilen.