Jetzt: Gebet und Betrachtungen
Gebet und Betrachtungen

Pfarrei der Woche: Sieben Schmerzen Mariens in Grünberg

"Hast Du das gesehen? Der Pfarrer hat einen riesigen Beichtstuhl in seinem Wohnzimmer!"

Dieser Ausspruch könnte ein Hinweis darauf sein, wo wir mit unserer Aktion "Pfarrei der Woche" als nächstes Halt machen. Zugegebenermaßen ist das allerdings eher ein Insidertipp. Denn um das gehört zu haben, muss man vermutlich schon einmal hier gewesen sein, in einer der 42 Ortschaften im Gießener Land im Bistum Mainz, die zu unserer aktuellen "Pfarrei der Woche" gehören. Das Dekanat gliedert sich in einen Stadt- und einen Landbereich und genau in diesem ländlichen Teil sind wir zu Gast.

Gastgeber ist Pfarrer Clemens Matthias Wunderle mit seiner "Pfarrgruppe Laubach-Grünberg". Er trat seinen Dienst in der Region bereits 2006 an und entschied sich zu bleiben - hier bei den Menschen, hier in der Diaspora, nur 25 Autominuten in östlicher Richtung von Gießen entfernt. Der Pfarrer war ursprünglich Priester in der Pfarrei Laubach, bis seiner Gemeinde 2012 die Pfarrei Grünberg mitzugeordnet wurde. Seitdem sind die beiden ehemaligen Pfarreien als Pfarrgruppe miteinander unterwegs. Der Beginn des gemeinsamen Wegs kam dabei eher überraschend, da die Zusammenlegung "recht unverhofft" erfolgt sei, wie Pfarrer Wunderle berichtet. Wegen Personalmangel sei es "einfach naheliegend gewesen" die Pfarreien fusionieren zu lassen. Deswegen sei aber auch eine ganze Menge "Vertrauensarbeit" notwendig und andersherum eine gehörige Portion "Vertrauensvorschuss" seitens der Pfarreien gefragt gewesen. Doch, wenn der Pfarrer von der Region spricht, dieser Urlaubsregion, die man hier wohl auch gelegentlich als "Hessisch Sibirien" bezeichnet, so sagt er auch, mit etwas Warmem in der Stimme: Die Menschen seien hier "herzlich, rau und liebevoll" - und: "Wenn man hier Freund geworden ist, dann ist man Freund!" Das scheint mittlerweile nicht nur für die Menschen in der Region im Allgemeinen zu gelten, sondern insbesondere auch für die Pfarrgruppe.

"Gemeinsam" scheint hier nicht zu heißen "Alles!" und "um jeden Preis!", sondern eher "gemeinsam in die gleiche Richtung zu blicken", einander zu bereichern und zu ergänzen. So sagt Pfarrer Wunderle, dass "eigene Traditionen in den Gemeinden gewahrt bleiben sollen", gleichzeitig "sei man aber auch, durch äußere Notwendigkeiten dazu gezwungen, Dinge bündeln zu müssen."

Das Resultat erscheint dem externen Betrachter durchaus fruchtbar. So hat bspw. bei den Kinder- und Jugendfreizeiten jede Gemeinde einen eigenen Schwerpunkt entwickelt. Die Jugendlichen  lädt Laubach zu einer Sommerfahrt ein und Grünberg führt das bewährte Konzept des Kinderzeltlagers für alle jüngeren Mitglieder der Pfarrgruppe fort. Bei den Themen "Glauben" und "Geselligkeit" trifft man in beiden Gemeinden auf viele schöne Angebote, die dazu einladen, die Kirche im Jahreskreis mit zwischenmenschlichem Austausch zu verbinden. Laubach setzt hier auf sein "Kirchenkaffee" und in Grünberg bleibt man einfach noch etwas auf dem Kirchhof stehen, nach dem Gottesdienst. Einen Frühstückskreis  und eine Fasnacht gibt es ebenso. Und auch die starken Seniorengruppen setzen auf Geselligkeit und Hilfe zur Selbsthilfe. Für Familien bereitet der "Familiengottesdienstkreis" immer wieder besondere Hl. Messen vor; eine Kinderkatechese für die Kleinen ist natürlich auch im Angebot. Für Schüler gibt es eigene Gottesdienste, die das Schuljahr quasi einrahmen, weil sie immer zu Beginn und am Ende stattfinden. Diese, ökumenisch geprägten, Veranstaltungen können auch gleich als Zeichen verstanden werden, wie christliches Miteinander hier gelebt wird.

Pfarrer Wunderle erklärt, dass das "eine besondere Chance der Diaspora" sei und, dass "das gemeinsame Bekenntnis und Zeugnis wichtig" wäre, gleichzeitig aber auch "beide Kirchen ihr je eigenes, starkes Profil" hätten. Doch nicht nur zwischen den beiden großen Kirchen zeigt sich hier Wohlwollen und der Wille zum Miteinander, sondern auch in der Kontaktsuche zu Menschen, die (noch) nicht zur Pfarrgruppe gehören. So ist es ein fester Brauch, dass der "Besuchsdienst für Zugezogene" Menschen besucht und einlädt, die neu in das Gebiet der Pfarrgruppe hinzugezogen sind. Denn, "wenn man umzieht ist die Kirche ja nicht der erste Ort, zu dem man geht", so die Erfahrung des Pfarrers. Und deswegen kommt hier eben einfach "die Kirche" zu "den Neuen" - sagt "hallo" - und lädt sie ein. Eine öffentliche Bücherei, Spielenachmittage, ein Kreativtreff und der Kirchenchor, sind schließlich die Angebote der Pfarrgruppe, zu der sich auch immer wieder Menschen einladen lassen, die der Kirche tendenziell eher ferner stehen. Vielleicht kann man das, was die Pfarrgruppe Laubach-Grünberg hier lebt und auch mit viel ehrenamtlichen Engagement ermöglicht, unterm Strich am besten mit den Worten von Pfarrer Wunderle beschreiben, wenn er - "frei hessisch" - resümiert:
"Also zur katholisch Kirch, da gehen ma gern hin!"
 
Was es nun tatsächlich mit dem vermeintlichen "Beichtstuhl im Wohnzimmer" auf sich hat, was der einstige Berufswunsch von Pfarrer Wunderle war, warum er schon beinahe ein Medienpfarrer ist und welche Dinge es sonst noch zu entdecken gibt, das erfahren Sie im Interview, das Sie hier nachhören können.
 

Interview mit Pfr. Wunderle:

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